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Wenn der Geist im großen Speisesaal erscheint

Auf den Grundmauern einer Wasserburg aus dem 12. Jahrhundert wurde das Schloss errichtet, das bis heute das Ortsbild prägt.

  • Beim Pumpenhaus gedenkt man Paracelsus.

    Beim Pumpenhaus gedenkt man Paracelsus.

  • Die heutigen Besitzerinnen leben mit der Vergangenheit und für die Zukunft ihres Schlosses.

    Die heutigen Besitzerinnen leben mit der Vergangenheit und für die Zukunft ihres Schlosses.

  • So präsentiert sich das Schloss beim Kunstevent. Bei der heutigen Runde des VKZ-Sommerrätsels dreht sich viel um dieses imposante Gebäude am Ortseingang des gesuchten Ortes. Fotos: Gergen

    So präsentiert sich das Schloss beim Kunstevent. Bei der heutigen Runde des VKZ-Sommerrätsels dreht sich viel um dieses imposante Gebäude am Ortseingang des gesuchten Ortes. Fotos: Gergen

  • Das Wappen des Grafengeschlechts zeigt die neunzackige Krone und den Eberkopf.

    Das Wappen des Grafengeschlechts zeigt die neunzackige Krone und den Eberkopf.

  • Das historische Backhaus wird noch regelmäßig genutzt.

    Das historische Backhaus wird noch regelmäßig genutzt.

  • Die Stephanuskirche befindet sich direkt neben dem Schlosspark.

    Die Stephanuskirche befindet sich direkt neben dem Schlosspark.

  • In der Eingangshalle des Schlosses taucht man noch tiefer ein in die Historie.

    In der Eingangshalle des Schlosses taucht man noch tiefer ein in die Historie.

  • Die Grabplatte ist der gesuchten Urahnin gewidmet.

    Die Grabplatte ist der gesuchten Urahnin gewidmet.

VKZ-Sommerrätsel (11):

„Heimat ist der Ort, der uns nicht nur Geborgenheit, sondern auch Aufbruch und Rückkehr gewährt.“ Mit diesen Zeilen von Ernst Reinhardt laden wir bei unserem Sommerrätsel 2022 erneut dazu ein, im Einzugsgebiet der Vaihinger Kreiszeitung und ein Stück weit darüber hinaus zu bekannten Orten zurückzukehren, zu neuen Zielen aufzubrechen, dabei Spannendes zu erfahren und auch im Kleinen und Verborgenen die Schönheit dieses heimeligen Lebensraumes zu schätzen.

Und hier die Lösungen von Runde 10: Kleinglattbach, Hase, Zuckerles-Jung, Pflanzenbestäubung und Hungerbach.

Im aktuellen Sommerrätsel, dem kleinsten Teilort von Vaihingen, lassen sich Reste von gar vier oder fünf verschiedenen Adelssitzen nachweisen. Auf den Grundmauern einer Wasserburg aus dem 12. Jahrhundert wurde das Schloss errichtet, das bis heute das Ortsbild prägt. Die Erhaltung dieses Schatzes ist eine Lebensaufgabe, der sich die heutigen Besitzerinnen mit ebenso viel Herzblut wie frischen Ideen widmen – beste Gelegenheit für einen Blick hinter die hohen Mauern.

Als Villa Reoth wurde das ehemalige Weindorf erstmals 812 im Lorscher Codex erwähnt. Neben der zu erratenden Grafenfamilie, die in dem herrschaftlichen Gebäude an prominenter Stelle seit 1453 residiert, spielten die Bombast von Hohenheim ebenfalls eine bedeutende Rolle in der Ortsgeschichte. Das Wappen dieses schwäbischen Adelsgeschlechtes, das unter anderem ein Helm mit Hut und Hahnenfedern schmückt, kann man auf der Grabplatte des Hans von Bombast und seines Sohnes Trutwin in der Sakristei der Stephanuskirche entdecken. Deren enger Verwandter, nämlich der Arzt Theophrastus Bombastus Paracelsus wurde wegen seiner Naturheilkunde bekannt, die er häufig unter Einbeziehung eines bestimmten Elements zum Kurieren seiner Patienten einsetzte. Ihm zu Ehren wurde beim ehemaligen Pumpenhaus, auf dessen Grundmauern zuvor ein Wirtschaftsgebäude des Bombast-Schlosses stand, ein Kneipp-Tretbecken errichtet, das vom nahen Bach gespeist wird.

Doch zurück zur Stephanuskirche. Ursprünglich im 9. oder 10. Jahrhundert als Kapelle für den Ortsadel errichtet, wurde das Gotteshaus später im gotischen Stil umgebaut. Auf einer weiteren Grabplatte aus dem Jahre 1562 ist eine Urahnin des gesuchten Adelszweigs verewigt. Daneben kann man die Holzsäule des Grafenstuhls sowie das Wappen bewundern – mit der neunzackigen Krone als Symbol für den Grafenstand und einem charakteristischen Eberkopf. Das Wildschwein findet sich als Wappentier auch am und im einstigen Wasserschloss mit seinen 64 Zimmern an zahlreichen Stellen wieder. Sei es, wenn man über die hölzerne Zugbrücke schreitet und die Steinplatte über dem Eingangsportal studiert oder wenn man anschließend die große Eingangshalle betritt, wo ein ausgestopftes Eberhaupt jeden Gast von der Wand grüßt.

Diesen Raum schätzen die Schlossbewohner übrigens sehr wegen seines angenehmen Klimas, wie man erfährt – insbesondere im Hochsommer, weil dort stets eine Wohlfühlatmosphäre herrsche. Umgeben von historischen Zeugnissen und vorbei an einer kleinen Ahnengalerie geht es von dort weiter zum Barbarossa-Saal, wo standesamtliche und freie Trauzeremonien mit anschließendem Empfang stattfinden können, wenn das Wetter dafür im großen Schlosspark zu unbeständig ist. Auch Yoga-Kurse werden im Innern angeboten, sodass die schmiedeeisernen Tore des privaten Adelssitzes regelmäßig für Besucher aufschwingen und man eine offene Kommunikation nach draußen pflegt. Diese Integration in die Dorfgemeinschaft ist den Erben heutzutage sehr wichtig. So soll dieses Jahr nach der „Kunst im Park“ gleichfalls wieder ein stimmungsvoller Weihnachtsmarkt auf der großen Rasenfläche und unter den jahrhundertealten Bäumen stattfinden.

Auch eine andere Dorftradition wird aktiv mitgepflegt – nämlich das gemeinsame Brotbacken im historischen Backhaus von 1837, das von Margret Renner und ihrem Mann regelmäßig zum Leben erweckt wird, um der interessierten Einwohnerschaft die einstige Hausfrauenarbeit nahezubringen. Bei den historischen Ortsführungen durch den gesuchten Flecken, die Margret Renner ebenfalls fachkundig anbietet, kommt man noch an zahlreichen weiteren Schätzchen vorbei, wie beispielsweise an dem kleinen Waschhaus beim Kelterplatz, wo ihre Mutter eine Zeit lang als Waschfrau arbeitete. Und auch die beeindruckende Mühle von 1399, das Burgvogteihaus direkt gegenüber dem Schloss oder das obere Bandhaus sind einen Abstecher wert, ebenso wie das alte Schulhaus, das heutzutage in Privatbesitz ist und durch seine bunte Fassade schon von Weitem ins Auge fällt. So begegnet man im kleinsten Teilort Vaihingens einer ganzen Menge Geschichte(n). Mit der kuriosesten wartet jedoch am Schluss der Graf persönlich auf. „Hat man Ihnen schon von dem Geist erzählt, dem meine Großeltern damals im großen Speisesaal begegnet sind?“, fragt er die Besucherin. Dort sei eines Tages eine Person in alter Kleidung aufgetaucht und wortlos wieder verschwunden. Allerdings habe man sie lediglich von den Knien an aufwärts sehen können, schließlich sei sie „auf der Höhe ihrer Zeit“ erschienen, als die Böden und Decken noch in anderen Verhältnissen zueinanderstanden. Bislang haben die Nachfahren den Geist persönlich noch nicht wiedergesehen. Ebenso wenig haben sie nach eigenem Bekunden den Geheimgang zum Schloss Kaltenstein entdeckt, der irgendwo hinter dem Weinkeller beginnen soll. Spannend, ein solches Leben hinter Schlossmauern, wenngleich auch mit unendlich viel Arbeit und Einsatz verbunden, die das denkmalgeschützte Anwesen seinen Bewohnern aufgrund seiner Größe und seines Alters jeden Tag abverlangt, wie man weiter erfährt.

Dennoch überwiege stets das Gefühl von Zuhause und Dankbarkeit, sind sich die heutigen Besitzerinnen einig. So fällt den beiden ganz sicher kein Zacken aus der Grafenkrone, wenn sie im Herbst wieder eigenhändig Tonnen von Laub im Schlosspark zusammenharken oder beim nächsten Weihnachtsmarkt den Glühwein mit einem charmanten Lächeln selbst ausschenken werden.

Die vier Fragen: 1. Wie heißt der gesuchte Ort? 2. Welche Adelsfamilie bewohnt seit langem das Schloss am Ortseingang? 3. Wie lauten die Vornamen der Urahnin sowie der beiden heutigen Besitzerinnen des Schlosses? 4. Mit welchem Element hat Paracelsus unter anderem seine Patienten behandelt?

Einsendungen bis Montag (5. September) um 10 Uhr per Mail an info@vkz.de oder eine Karte am Briefkasten am Verlagsgebäude einwerfen. Unter allen richtigen Einsendungen werden zum Schluss drei Gutscheine verlost.

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