Wissen

Entscheidung über Leben und Tod

Wer erhält in der Corona-Pandemie eine überlebensnotwendige Therapie, wenn die Intensivbetten nicht mehr reichen? Und wer entscheidet darüber? Solche Fragen wirft der Begriff Triage auf.

  • Foto: dpa/Bo/Schakow

    Foto: dpa/Bo/Schakow

  • Foto: Wikipedia commons/Barfod C et al.

    Foto: Wikipedia commons/Barfod C et al.

Deutschland wird derzeit von der vierten Corona-Welle überrollt. Mit der steigenden Zahl schwerer Krankheitsverläufe von Covid-19-Patienten gewinnt die Frage nach der Triage wieder an Brisanz. Wer erhält eine Intensivtherapie, wenn Betten, Pfleger oder Beatmungsgeräte nicht für alle Patienten ausreichen? Eine solche Triage – das Wort kommt vom Französischen „trier“ (sortieren, auswählen) –, kennt man sonst nur aus Kriegen und von Katastrophen.

Laut der Richtlinien der medizinischen Fachgesellschaften in Deutschland orientiert sich die Triage „am Kriterium der klinischen Erfolgsaussicht“. Vorrangig werden demnach Patienten intensivmedizinisch behandelt, „die durch diese Maßnahmen eine höhere Überlebenswahrscheinlichkeit haben“. Eine Priorisierung aufgrund des Alters, sozialer Merkmale oder bestimmter Grunderkrankungen oder Behinderungen wird abgelehnt.

Ex-Post-Triage

Umstritten ist insbesondere die sogenannte Ex-Post-Triage. Ein Beispiel: Einem älteren Patienten wird das Beatmungsgerät abgestellt, um es einer jungen Mutter mit besseren Überlebenschancen zu geben. Das gilt als Tötung und ist strafbar. Allerdings kann laut Deutschem Ethikrat, eines vom Bundestagspräsidenten berufenen Sachverständigenrats, das Gericht in diesem speziellen Fall angesichts der sogenannten dilemmatischen Situation einen entschuldigenden Notstand annehmen und von einer Bestrafung absehen.

Wenn allerdings die Kinder des Verstorbenen Strafanzeige stellen würden, wäre die Staatsanwaltschaft verpflichtet, ein Ermittlungsverfahren einzuleiten.

Patienten sterben, um andere zu retten

Im Extremfall würden also Patienten von Beatmungsgeräten abgekoppelt, um andere retten zu können. „Das wäre, wenn die Intensivbehandlung medizinisch eigentlich weiterhin geboten wäre, strikt rechtlich betrachtet ein aktiv-tödliches Handeln“, erläutert der Rechtsphilosoph Reinhard Merkel, Mitglied des Deutschen Ethikrats.

Der Ethikrat hat in seiner Empfehlung „Solidarität und Verantwortung in der Corona-Krise“ dazu die Formulierung aufgenommen, der Arzt könne in einem solchen Fall „mit einer entschuldigenden Nachsicht der Rechtsordnung rechnen“. Das heißt: Die Handlung war zwar nicht rechtens, wird aber nicht bestraft.

Datenschutz-Einstellungen