Die Unionsfraktion im Deutschen Bundestag sieht die Grenzen einer durch Beiträge finanzierten Pflegeversicherung erreicht. Um einen weiteren Beitragsanstieg zu vermeiden, setzt sie auf private und betriebliche Vorsorge sowie Steuerzuschüsse. Das geht aus einem Positionspapier hervor, das unserer Zeitung vorliegt.
„ Wir haben die Grenzen des bestehenden Umlagesystems erreicht. Auskömmlich finanziert werden kann die Pflege künftig nur mit einem Mix aus Beiträgen in der gesetzlichen und privaten Pflegeversicherung sowie Anteilen, bestehend aus Eigenvorsorge, betrieblicher Finanzierung sowie Finanzierung aus Steuermitteln“, heißt es in dem Konzept der Fraktion. „Insbesondere die junge Generation kann bereits durch geringe Beträge ein späteres Pflegerisiko im Alter finanziell absichern.“
Tatsächlich ist die Lage der Pflegeversicherung prekär. Deren Bilanz wies zum Jahresende ein sattes Minus von 2,2 Milliarden Euro aus. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, der den Beitragssatz für Kinderlose von 3,4 auf 4 Prozent steigen ließe. Bei einem Kind soll er von 3,05 auf 3,4 Prozent klettern. Aber für jedes weitere Kind soll ein Abschlag von 0,15 Prozent greifen.
Union will Druck für eine rasche Pflegereform ausüben
Die Unionsfraktion will mit ihrem Papier den politischen Druck für eine zügige Pflegereform erhöhen. Sie will vor allem das weitere Steigen der Beiträge verhindern. „Steigende Sozialversicherungsbeiträge belasten nicht nur die Bürgerinnen und Bürger, sondern auch Arbeitgeber. Das schadet dem Standort Deutschland“, heißt es in dem Papier. Die Union fordert deshalb „eine schnellstmögliche Rückkehr zur Sozialgarantie, die eine Begrenzung der Sozialversicherungsbeiträge bei 40 Prozent vorsieht“. Dies könne durch eine „auf mehreren Säulen basierende Finanzierung der Pflegeversicherung“ erreicht werden. „ Beitragserhöhungen dürfen auch künftig nicht ohne Zustimmung des Parlaments auf den Weg gebracht werden“, heißt es in dem Unionskonzept.
Zur Überwindung des Personalmangels in Pflegeberufen verlangt die Union eine „gezielte Gewinnung von Pflegekräften aus dem Ausland“. Bürokratische Hürden sollen abgebaut werden, „um Anerkennung von Berufsqualifikationen zu vereinfachen und Visaverfahren zu beschleunigen.“ Zur Behebung des Personalengpasses will die Union auch das Medizinstudium in den Blick nehmen. Das bereits bestehende Pflegepraktikum in der medizinischen Ausbildung soll verlängert werden. „Angehende Medizinstudierende sollen praktische Erfahrungen in der Pflege noch länger erleben.“
Ein Verbot der Leiharbeit lehnt die Union ab
Beim Thema Arbeitsbedingungen in der Pflege räumt die Unionsfraktion ein, dass „durch die Ausweitung der Leiharbeit dieses System in eine Schieflage geraten“ sei. Deshalb soll die Leiharbeit reformiert werden. „Ein vollständiges Verbot der Leiharbeit lehnen wir ab“, heißt es im Konzept der Union.
Die Union sieht trotz der Finanznöte der Pflegeversicherung dennoch die Notwendigkeit von Leistungsverbesserungen. Sie weist darauf hin, dass rund 80 Prozent der pflegebedürftigen Menschen zuhause gepflegt werden: „Wir fordern flexible und bürokratiearme Leistungen sowie eine Weiterentwicklung von Kurzzeit-, Tages- und Nachtpflegeangeboten sowie bessere Nutzungsmöglichkeiten von Verhinderungspflege.“ Es sei „bessere finanzieller Unterstützung“aber auch eine „bessere logistische Unterstützung, etwa durch Pflegeberater und -lotsen, nötig“, heißt es im Reformkonzept der Union.
Tino Sorge, der gesundheitspolitische Sprecher er Unionsfraktion, fasst das Anliegen des Papiers im Gespräch mit unserer Zeitung so zusammen: „Wer dazu in der Lage ist, muss stärker als zuvor selbst vorsorgen – gerade im jungen Alter, und seien es nur 20 oder 30 Euro, die man im Monat beiseitelegt. Wer privat und rechtzeitig vorsorgt, sollte dafür bei Steuern oder Sozialabgaben einen Vorteil erhalten.“