S-VKZ-Tour

Eine Tour mit Vorteil für die „Elektriker“

Vaihingen/Nussdorf (aa). Das wäre der perfekte Tour-Tag geworden – wenn der Himmel nicht um 14 Uhr seine Schleusen geöffnet hätte. 248 Wanderer und 569 Radfahrer ließen sich am Samstag bei der 35. S-VKZ-Tour nicht vom Ziel in Nussdorf und den eingebauten Bergetappen abschrecken. Erst der Regen hat sie vertrieben.

Startplatz am Stromberg-Gymnasium. VKZ-Redaktionsleiterin Claudia Rieger wirkt um halb zehn etwas unglücklich, denn die „Touristen“ tröpfeln nur. Dabei zeigt sich der Himmel von seiner besten Seite. Knapp 20 Grad, die Sonne bricht durch – da müssen die Leute doch kommen. Besser kann es ja kaum werden. Und sie kommen auch. Da sich kurz vor 10 Uhr an der Stempelstelle noch Schlangen bilden, wird der Startschuss erst um 10.05 Uhr abgefeuert. Das dürfte ein Novum in der 34-jährigen Geschichte gewesen sein.

Andreas Knodel stellt sich mit seinem Feuerwehrauto auf dem Nebenweg quer und informiert über seinen Lautsprecher auch die Radler, die sich an der Spitze versammelt haben, denn bis zu ihnen dringt die Ansage von der Stempelstelle nicht durch. „Die Radler Richtung Weitfeld, die Wanderer in die andere Richtung!“ Das ist fast immer so. Und auch die kleinen Sicherheitshinweise müssen immer wieder sein. Mit Helm fahren, die Tour ist kein Rennen, Vorsicht walten lassen…

Als Sommervergnügen mitten in den Ferien hatte der ehemalige Radaktionsleiter der VKZ, Joachim Fiebig, ab 1980 die Idee entwickelt. Den bescheidenen Anfang machte 1980 die Tour nach Riet mit rund 400 Gästen. Großer Wert wurde und wird auf die größtmögliche Absicherung gelegt. Dabei sind Polizei, Feuerwehr und Rotes Kreuz wichtige Faktoren. Dazu kommen verschiedene Ämter, die Straßenmeisterei, Vereine (Schwäbischer Albverein Vaihingen, seit drei Jahren der Rad-Sport-Verein), der Pannendienst Fischer und etliche Freiwillige. In den ersten Jahren legte der damalige Vaihinger Polizeichef Gustav Bast bei den Vortouren noch selbst Hand an, fegte Kurven frei und stand am Start mit dem Megafon auf einer Litfaßsäule beim Stadtbauamt, um Fahrhinweise zu geben. Inzwischen ist er als begeisterter Pedelec-Fahrer mit von der Partie. Und auch der langjährige „Pfadfinder“ Ulrich Weik fährt jetzt als „Elektriker“.

„Vier, drei, zwei eins…“ Schuss. Auf geht’s. Eberdingens Bürgermeister Peter Schäfer kommt schweißgebadet angebraust. Er ist von seinem Wohnort Niefern-Öschelbronn nach Vaihingen gefahren. Die Tour mit Ziel Nussdorf – nach 1996 und 2007 schon zum dritten Mal – will er sich nicht entgehen lassen. Das Ehepaar Bube aus Enzweihingen will das Feld von hinten aufrollen. Die Senioren sind begeisterte Radfahrer und freuen sich auf einen schönen Tag. Hellmut Bächle aus Enzweihingen hat indessen wieder sein Spezialgefährt, an das er ein Aggregat anhängen kann, „gesattelt“. Gemütlich zuckelt der ehemalige Fuhrunternehmer hinter den Radlern her. Martin Fischer von Fahrrad-Fischer ist wieder mit seinem Roller zur Stelle und hat die ersten kleinen Einsätze schon hinter sich: „Schaltung einstellen, nichts Großes…“

Die Radlerschlange zieht sich über Kilometer hinweg übers Weitfeld. Überholen ist nicht angesagt. Zwei Reiterinnen verzweifeln fast, als sie warten müssen. Straßenüberquerung. Man plaudert, erzählt sich Geschichten. Alles im grünen Bereich, was wörtlich zu nehmen ist. Rechts der kleine See am Reutwald. Dann hinüber direkt auf das Porsche-Lager zu. Schwenk zur Hunderennbahn. Heidrun und Peter Endres aus Vaihingen geben bei strammer Fahrt zu, das erste Mal mitzuradeln. Ist ja keine Schande. Wieder geht’s über die Straße. Zum Glück sind die Autoschlangen nicht zu lang. Das blaue „Aussichtsfenster“ bei Untermberg ist inzwischen vom Mais eingewachsen, der Asperg in der Ferne verdeckt.

Entspannte Fahrt auf dem Enztalradweg. Bei Gegenverkehr ist erhöhte Vorsicht angesagt. Hoffentlich ist alles gut gegangen. Vom DRK werden am Ende keine gravierenden Vorfälle gemeldet. Teepause nach der neuen Enzbrücke unter dem Vordach des Unterriexinger TSV-Heims. Hunderte Liter Tee haben Fritz Hasenauer und sein Team vom DRK in Sersheim wieder gekocht – mit und ohne Zucker. Was wäre die Tour ohne die Teestation?

Entspannte Fahrt in Richtung Oberriexingen. Kreisrat Peter Schimke ist seit vielen Jahren mit nicht nachlassender Begeisterung dabei. Er hat diesmal den Tipp, doch auch die Sperrpfosten an den Brücken bei der Tour rausnehmen zu lassen.
In Oberriexingen sichert die Feuerwehr fast jede Straße im „Hafenviertel“ ab. Service pur. Auch der Kreuzungsverkehr bei der „Linde“ ist klar geregelt. Inzwischen herrscht ein ordentlicher Gegenwind. Und am Talhof-Schild kommt dann die Stunde der Wahrheit. Pedelec-Fahrer sind jetzt klar im Vorteil. Fast mühelos werden die keuchenden „Normalradler“ überholt. Doch letztlich ist es erstaunlich. dass kaum geschoben wird.

Irgendwie kommen alle hoch zum Lindenhof, werden mit einem traumhaften Ausblick über das Enztal und mit Ensinger Mineralwasser in fünf Varianten belohnt. „Rund 800 Liter haben wir dabei“, erzählt Marketingchef Stefan Schurr, der mit einem achtköpfigen Team präsent ist.

Es sind jetzt noch rund zehn Kilometer bis zum Ziel, das in der Ferne zu erkennen ist. Sogar in der Senke zum Tiefen Tal stehen zwei Feuerwehrleute und kurz darauf am Hochdorfer Weg. Der Querverkehr ist hier nicht zu unterschätzen. Der Spurweg hinüber zu den Waldhöfen ist sehr scharfkantig. Noch ein kleiner Anstieg. Der höchste Punkte der Tour ist erreicht. Jetzt geht’s abwärts. Feuerwehrkommandant Roland Dieterle steht kurz vor der Straße mit einer Fahne und warnt jeden Radler: „Gleich kommt eine scharfe Kurve.“ Unten stehen weitere Wehrleute und auch das DRK. Eine Dame sei am Bordstein gescheitert, erzählen sie. „Passiert ist aber nichts.“

Die Polizeioberkommissarin Nadine Friedl und ihr Kollege Olaf Milling stehen jetzt an der Straße Riet – Enzweihingen. Vorhin standen sie an einer anderen Straßenquerung. „Das Umsetzen hat funktioniert“, berichtet Milling. „Dann noch gute Fahrt.“ Der Anstieg zu den Lerchenhöfen war im vergangenen Jahr schon im Angebot. Jetzt kann ihn der Schreiber ganz anders genießen als damals. Auch er gehört inzwischen zu den Pedelec-Fahrern und geniert sich manchmal, wenn er an den kraftstrotzenden Radsportlern vorbeizieht. „Das war vor zwei Jahren aber ganz anders…“ ruft ihm Peter Rudolph, Leiter der Straßenmeisterei und Biker vor dem Herrn, hinterher.

„Noch zwei Kilometer zum Ziel“, muntert auf der Fahrt Richtung Hasenlauf ein Schild auf. 31,8 Kilometer. Geschafft. Kurz vor 14 Uhr sind übrigens auch die Brüder Lothar und Wolfgang Grau aus Horrheim im Ziel auf der Rennbahn des Reit-, Fahr- und Zuchtvereins. Sie haben die Radstrecke in fünfeinhalb Stunden zu Fuß bewältigt. Klasse Leistung.

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