VaihingenTierische Bande

Am Morgen gibt‘s von oben ein „Halloho“

Inmitten der Vaihinger Kernstadt verbreitet Jenny mit ihrer Stimme Tropen-Feeling. Sie ist ein junger Graupapagei und unterhält sich auch gerne mal mit Passanten, die sich dann mitunter nur schwer wieder losreißen können.

  • Peggy Knodel mit Kongo-Graupapagei Jacko auf der Hand, im Hintergrund Papageien-Dame Jenny. Fotos: Rücker

    Peggy Knodel mit Kongo-Graupapagei Jacko auf der Hand, im Hintergrund Papageien-Dame Jenny. Fotos: Rücker

Vaihingen. Ihr Mann Andi habe ursprünglich mal gesagt, bei ihm kämen nur Nutztiere ins Haus, die man auch essen könne, erinnert sich Peggy Knodel aus Vaihingen. Inzwischen ist die Lage folgende: „Wenn Andi morgens zur Garage geht, schwätzt er erst mal mit den Papageien.“ „Halloho“, tönt es dann bisweilen von Jacko herunter. Neben den Eltern und den drei Kindern Alexa, Andreas und Alica sowie Oma Marianne Knodel bevölkern aktuell zwei Kongo-Graupapageien, Hähne und Hühner, Fische, Meerschweinchen, Kaninchen, ein Kater und ein dreibeiniger Hamster den Bauernhof der Familie Knodel. Der Hamster sei so gekauft worden und das habe erst gar niemand bemerkt, aber „dem fehlt es an nix“, sagt Peggy Knodel.

Jenny lässt sich vom Geschehen auf der Straße inspirieren – und umgekehrt

Für Unterhaltung sorgen vor allem die Graupapageien, die von ihrer Voliere im ehemaligen Fruchtboden freien Blick auf die Straße haben. Die ein Jahr alte Jenny tut sich hierbei besonders hervor. Wenn sie nicht in einer ruhigen Ecke der Voliere ihr Mittagsschläfchen hält, lässt sie sich vom Geschehen auf der Straße inspirieren – und umgekehrt. Neulich habe ein älterer Herr mit Rollator eine halbe Stunde lang vor dem Garagentor gestanden und sich mit Jenny ausgetauscht, sagt Peggy Knodel.

Die exotischen Pfiffe der Vögel, die in freier Natur in den Baumwipfeln des Tropenwaldes zuhause sind, lassen Passanten gerne stehen bleiben. Man kann gut hin und her pfeifen mit den Vögeln und Jenny schmettert gerne den „Anmachpfiff“ in die Welt hinaus – zwei Töne, der zweite zum Schluss hin abfallend.

Jenny sei richtig wissbegierig, spielt mit Verstecken und ruft „guck-guck“. Auch Kommandos für ihren Kompagnon hat sie in petto: „Komm her Jacko“, „Flieg Jacko“. „Wir haben nette Nachbarn, bis jetzt hat sich noch keiner beschwert … toi, toi, toi“, meint Peggy Knodel.

„Ich hatte schon immer einen Vogel“, räumt sie gut gelaunt ein. Die Vaihingerin ist in Leipzig aufgewachsen, gleich nebenan war eine Tierhandlung. Im Alter von ungefähr zehn Jahren versteckt sie gemeinsam mit ihrer Schwester zwei Wochen lang einen Wellensittich unterm Bett. Bis irgendwann der Vater mit den Worten „bei euch piept’s wohl“ ins Zimmer kam. Dann war die Sache klar: Der Vogel durfte bleiben, auch wenn die Erlaubnis vorab verwehrt worden war. Als Jugendliche hat sie mit den Unzertrennlichen ihre ersten Papageien, wenn auch in Kleinformat.

Mit 20 lernt sie in Leipzig einen Schwaben mit Graupapagei namens Jamaika kennen. 1992 zieht sie ins Ländle, beginnt gleich ihren neuen Job als Gärtnerin, drei Kinder gehen später aus der Ehe hervor. „Ich habe meinen Ex-Mann ja dummerweise zweimal geheiratet“, schickt sie voraus, denn bei der ersten von zwei Scheidungen vom selben Mann lässt sie sich schon schriftlich geben, dass der Vogel bei ihr bleiben wird. Jamaika habe wahnsinnig viel geschwätzt, sagt die 50-Jährige. „Hallo“ und „machste mal nen Kaffee“ hätten zu seinem Repertoire gehört.

1980 war Jamaika geschlüpft und da es damals noch keine DNA-Analyse zur Geschlechtsbestimmung für die Vögel gab, war nie ganz klar, ob es sich um ein Weibchen oder Männchen handelte.

Sie zieht mit ihrer damaligen Familie irgendwann in ein anderes Haus von Marianne Knodel, der Mutter ihres jetzigen Ehemannes. 2007 trennt sie sich von ihrem damaligen Partner, 2008 ist sie mit Andreas Knodel zusammengekommen und nach der zweiten Scheidung zieht sie mit ihren drei Kindern, die mittlerweile erwachsen sind, zu den Knodels in den Bauernhof im Herzen der Vaihinger Kernstadt.

„Dann hat der Andi das ganze Haus umgebaut, damit es Platz gibt und genügend Kinderzimmer.“ Immer mit dabei: Jamaika. Die großen Kinder sind irgendwann aus dem Haus. Alexa, Andreas und Alica, die Kinder von Peggy und Andreas Knodel, verstehen sich gut mit dem Graupapagei. Vor drei Jahren wird der 15 Jahre alte Jacko zu dem vermeintlichen Papageien-Weibchen, das vermutlich doch ein Männchen war, geholt.

Auch das sogenannte Cites-Papier dieser streng geschützten Vogelart wechselt den Besitzer – es ist eine Art Personalausweis mit Bezug auf das Washingtoner Artenschutzabkommen. Eine Kopie davon erhält das Regierungspräsidium Stuttgart, damit nachgewiesen ist, wem der Vogel nun gehört, berichtet Peggy Knodel.

Im vergangenen Herbst stirbt Jamaika dann im Alter von 40 Jahren und wieder wäre einer der Vögel allein, was zu vermeiden ist. Mindestens zu zweit sollen die Papageien gehalten werden. Also kommt zur Gesellschaft von Jacko die damals vier Monate alte Jenny vom Züchter in die Voliere, die inzwischen im früheren Fruchtboden des Hofes ihren Platz hat.

Die Nacht verbringen die beiden in einem Schutzhaus, das demnächst noch mit Heizung ausgestattet wird.

Die Zusammenführung verlief problemlos. „Knutschi, knutschi“, kommentiert die elfjährige Alexa. Eigentlich hätten die zwei erst mal in getrennten Unterkünften nebeneinander aneinander gewöhnt werden sollen. Aber „es war Liebe auf den ersten Blick“, sagt Peggy Knodel, und so durften sie schon nach einer Woche zusammen leben.

Jacko lasse sich abends wie ein König in das Schutzhaus tragen und mit einem „Jenny komm“ sind beide in ihrer Nachtunterkunft. Das habe auch den Vorteil, dass nicht schon bei den ersten Sonnenstrahlen, also im Sommer sehr früh, die Morgenunterhaltung der Vögel die Nachbarschaft beschallt.

Freude bringt der Krach, wenn die Schüsseln auf den Boden aufschlagen

Peggy Knodel mag an Papageien besonders, dass sie so alt werden, dass sie schwätzen können und relativ pflegeleicht sind. Kongo-Papageien seien mehr Klettervögel, die nahezu jegliches Spielzeug über kurz oder lang zerlegen und deshalb an Birkenzweigen nagen dürfen.

Sie finden immer wieder einen Trick, wie die Wasser- und Futterschüsseln aus der Halterung gelupft werden können. Der Krach beim Aufschlag auf den Boden scheint sie besonders zu freuen. Peggy Knodel muss sich folglich immer wieder was Neues einfallen lassen, um dagegenzuhalten.

Die Jenny komme noch nicht, so wie Jacko, auf die Hand. Das könne bis zu einem Jahr dauern, sagt die Besitzerin, aber „ich dräng’ die nicht“, sagt sie – das wäre bei den schlauen Vögeln vermutlich auch gar nicht möglich.

Urlaub sei trotz der Tiere machbar, „die Oma hat alles im Griff gehabt“, sagt Peggy Knodel. Und sie erzählt mit leuchtenden Augen von einer Flugschau mit exotischen Vögeln, die sie im Urlaub gesehen haben. Vielleicht gibt es irgendwann noch eine Amazone oder einen Ara …

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