Stuttgart

Protest, Stimmung im Zelt und Aprilwetter

Das 84. Stuttgarter Frühlingsfest ist eröffnet. Den Auftakt der Großveranstaltung auf dem Wasen haben Aktivisten für eine Protestaktion genutzt. Das wenig frühlingshafte Wetter hat laut Veranstalter dem Andrang kaum geschadet.

  • Peta-Aktion zum Frühlingsfestbeginn: Bürgermeister Thomas Fuhrmann (li.) musste sich beim Fassanstich etwas gedulden.Foto: Lichtgut//Iannone

    Peta-Aktion zum Frühlingsfestbeginn: Bürgermeister Thomas Fuhrmann (li.) musste sich beim Fassanstich etwas gedulden.Foto: Lichtgut//Iannone

Stuttgart - Nach Hinweisen, dass das 84. Frühlingsfest begonnen hat, musste man am Samstag nicht lange suchen: Schon frühmorgens waren am Stuttgarter Hauptbahnhof Menschen in Dirndl und Lederhose zu sehen. Auch wenn das Frühlingsfest auf dem Cannstatter Wasen offiziell erst um 11.30 Uhr eröffnet wurde, waren die ersten Besucher schon gegen 10 Uhr auf dem Festgelände. Kurz darauf bilden sich Schlangen vor dem Göckelesmaier-Zelt, in dem der Fassanstich in diesem Jahr stattfand. Ob das nasskalte Wetter die Stimmung drückt? Davon war weit und breit nichts zu sehen.

„Voriges Jahr war das Wetter auch schlecht, als wir aufs Frühlingsfest sind. Trotzdem war’s ein schöner Tag“, sagte Jana Nieder, die mit Freundinnen und Freunden vor dem Festzelt wartete. „Und wenn man drinnen sitzt, kann einem das Wetter ja egal sein“. Den Wasen wegen des schlechten Wetters ausfallen zu lassen komme nicht infrage. Schließlich werde der Besuch in der Freundesgruppe schon lange im Voraus geplant: „Sobald es Karten gibt, holen wir uns welche. Das hat Tradition.“ Punkt 11 Uhr öffneten sich die Türen des Festzeltes und die Band Partyfirsten begann zu spielen. Knapp zehn Minuten dauerte es, bis fast alle Plätze belegt waren, die Ersten auf den Bierbänken standen und das Personal reichlich Maßkrüge durch die Reihen trug. Die Aufgabe, das offiziell erste Fass Bier anzustechen, lag auch in diesem Jahr bei Wasenbürgermeister Thomas Fuhrmann: „Für mich hat das Frühlingsfest eine große Bedeutung. Dieses Jahr ist es der Auftakt zu einem ereignisreichen Sommer in Stuttgart.“ Besonders die Europameisterschaft und den Erfolg des VfB hebt der Stuttgarter Finanzbürgermeister in seinen Begrüßungsworten hervor.

Nur zwei Schläge hat Fuhrmann beim Fassanstich im vergangenen Jahr gebraucht. Gespannt schauten die Besucherinnen und Besucher auch in diesem Jahr auf die Bühne. Dass er nur einen Schlag brauchte, bekam im Festzelt fast niemand mit. Überdeckt wurde Fuhrmanns Eröffnung von Plakaten mit Sätzen wie „Bier statt Tier“ oder „Fleisch ist Mord“. Aktivistinnen der Tierrechtsorganisation Peta störten den Festauftakt – nach Angaben der Polizei waren es fünf. Einer Aktivistin gelang es sogar, auf die Bühne des Festzeltes zu klettern.

Fuhrmann ließ sich davon nicht beirren, die Aktivistinnen wurden vom Sicherheitspersonal nach draußen geführt. Im Festzelt kam die Protestaktion weniger gut an. „Bier und Tier, müsste da stehen“, hieß es beispielsweise aus den Reihen. Jule Stegmaier, Studentin aus Tübingen, zeigte hingegen Verständnis: „Es wird ja sehr viel Fleisch gegessen. Man fragt sich schon, ob das noch zeitgemäß ist. Die Veranstalter könnten mehr veganes Essen anbieten.“

Während in den Zelten ausgelassen gefeiert wurde, kam der Festbetrieb auf dem restlichen Gelände nur langsam in Schwung. Budenbetreiberinnen und Budenbetreiber verbrachten die ersten Stunden überwiegend mit dem Warten auf Besucherinnen und Besucher. Auch wenn sich langsam der Duft von gebrannten Mandeln und Zuckerwatte ausbreitete, hatte das diesjährige Frühlingsfest ein paar Anlaufschwierigkeiten.

Ein Paar aus Österreich zeigte sich etwas enttäuscht über die Stimmung auf dem Gelände: „Wir machen momentan Urlaub am Bodensee und sind extra hergefahren. Für uns ist es das erste Mal“, sagte Werner Dahl. „Wir haben mehr Menschen erwartet, aber da ist sicherlich auch das Wetter dran schuld“, ergänzte seine Frau.

Einer Freundesgruppe, die gerade aus dem Festzelt kam, schlug etwas anderes auf die Stimmung: „Ich dachte mir ja, das es teuer ist, aber so teuer, hätte ich nicht gedacht“, hieß es aus der Gruppe. Timo Stark, der zusammen mit den anderen in Stuttgart studiert, wünscht sich mehr Angebote für Studierende, „sonst verliert man die jungen Leute“, meinte er. Wenige Meter weiter saß das Geld hingegen locker – und das will präsentiert werden. Ein Wasengast aus der Schweiz hatte sich ein Schild um den Hals gehängt. „Wir haben das Geld“, war darauf zu lesen. Für den heutigen Tag habe er 600 Euro mit dabei.

Nachdem die Rückmeldungen zur Wasenboje, ein Schutzraum für Mädchen und Frauen, nach dem Versuch beim Cannstatter Volksfest positiv war, gibt es das Angebot auch dieses Jahr auf dem Frühlingsfest. „Wir konnten im Herbst über 150-mal Hilfestellung gegeben“, sagte die Projektleiterin Franziska Haase. In dem Schutzraum können Mädchen und Frauen unter anderem das Handy aufladen, Hygieneartikel bekommen und Hilfe bei sexueller Belästigung finden.

Auch wenn das erste Frühlingsfestwochenende vor allem eines nicht bot, nämlich Frühling, ziehen die Veranstalter eine positive Zwischenbilanz. „Am Eröffnungstag waren knapp 100 000 Besucherinnen und Besucher auf dem Frühlingsfest“, sagte Stefanie Hirrle, Unternehmenssprecherin der Veranstaltungsgesellschaft in.Stuttgart. Damit sei man „mehr als zufrieden, da das Wetter deutlich schlechter angekündigt wurde, als es letztendlich war“. Der Zuspruch sei darum deutlich besser als erwartet. „Das Fest ist gut angelaufen und verläuft friedlich.“

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