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Kommentar: Preis für ein neues Wahlrecht ist zu hoch

Kommentar: Preis für ein neues Wahlrecht ist zu hoch

Selbst wenn die Karlsruher Verfassungsrichter das neue Wahlrecht der Ampel als verfassungsfest bewerten werden, heißt das durchaus nicht, dass es auch politisch in Ordnung ist. Ein Gesetz kann mit dem Grundgesetz vereinbar und dennoch politisch falsch sein, weil seine negativen Effekte die positiven überwiegen. Es ist zwar anzuerkennen: Die Reform erreicht das wichtige Ziel, den Bundestag wieder auf eine halbwegs handhabbare Größe zu schrumpfen. Und sie schafft mit der Abschaffung von Überhang- und Ausgleichsmandaten tatsächlich auch eine größere Einfachheit und Klarheit.

Aber der Preis dafür ist zu hoch. Die Reform hat die abenteuerliche Konsequenz, dass gerade dort, wo der Wahlkampf spannend und der demokratische Meinungskampf hautnah erlebbar ist, die Stimme der Wähler für ihren Direktkandidaten nicht zu zählen droht. Nur die klaren Wahlsieger in den Hochburgen der Parteien haben einigermaßen Gewissheit, in den Bundestag einziehen zu können.

Selbst wenn das nicht gegen den Grundsatz der Gleichheit der Wahl verstoßen sollte, ist es eine Farce. So nämlich wird die Demokratie zu einer Show-Veranstaltung. Wie sollen Bürger für das Engagement im demokratischen Gemeinwesen gewonnen werden, wenn sie die Erfahrung machen, dass ihre (Erst-)Stimme unter Umständen ein Muster ohne Wert ist? Karlsruhe bietet sich nun die Gelegenheit, diesen Unsinn zu stoppen.

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