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„Der Zeigefinger muss immer erhoben sein“

Nico Willig blickt zurück auf die Relegation 2019 mit dem VfB Stuttgart – und voraus auf die Spiele gegen den Hamburger SV.

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Stuttgart - Vier Spieltage vor Schluss sprang Nico Willig 2019 als Interimstrainer beim VfB Stuttgart ein, mit dem er letztlich in der Relegation gegen Union Berlin (2:2, 0:0) den Klassenverbleib in der Bundesliga verpasste. Im Interview spricht der heutige U-19-Coach des VfB über die damaligen Knackpunkte, die Chancen der Stuttgarter in den anstehenden Duellen mit dem Hamburger SV – und seine eigene Zukunft.

Herr Willig, finden Sie die Relegation eigentlich gut?

Es gehört zum Spektakel dazu. Für die Beteiligten ist es zwar extrem nervenaufreibend, aber letztlich sind wir ja alle Protagonisten auf dieser Bühne. Und die Relegationsspiele bringen viel mit, was den Spannungsbogen angeht. Also ja, ich finde sie gut.

Obwohl es für Sie und den VfB 2019 schiefging?

Ich denke trotzdem gerne an diese Zeit zurück. Wir haben in der Liga in vier Spielen sieben Punkte geholt. Und in K.-o.-Spielen kann es immer in beide Richtungen gehen.

Der VfB war damals Favorit gegen Union Berlin und hatte eine sehr prominent besetzte Mannschaft mit Spielern wie Mario Gomez oder Holger Badstuber. Haben Sie da Nervosität gespürt?

Nach außen hat sich die Mannschaft nichts anmerken lassen. Aber wir sind in diesen beiden Spielen nicht in allen Phasen an unsere Leistungsgrenze gekommen, vor allem im Hinspiel zu Hause nicht. Und das hat meiner Meinung nach schon auch mit Druck zu tun.

Wie kann man den rausnehmen?

Komplett geht das sicher nicht. Wir haben versucht, wenig zu verändern und Sicherheit zu geben. Die Relegation war ja Neuland für die Spieler mit den ganzen Emotionen, die da drin sind. Zudem muss man sich auf einer psychologischen Schiene immer klarmachen, dass es etwas zu erreichen gibt. Nur nicht negativ denken.

Sie haben damals vom Relegationspokal gesprochen.

Es ist sehr wichtig, die Chance dieser beiden Spiele in den Mittelpunkt zu rücken. Der VfB kann das ja auch tun, ohne sich in die Tasche zu lügen. Als Sebastian Hoeneß als Trainer übernommen hatte, war der VfB Letzter und hätte die Relegation sicher gerne genommen. Es wird jetzt darum gehen, die Enttäuschung des verpassten Klassenverbleibs am letzten Spieltag ganz schnell abzulegen.

Auch der HSV muss mit einem Rückschlag klarkommen. Die Fans haben schon auf dem Platz den Aufstieg gefeiert, bis der 1. FC Heidenheim mit zwei späten Toren noch vorbeigezogen ist.

Beide Vereine müssen was verarbeiten vom 34. Spieltag. Für den HSV war die negative emotionale Wucht aber wahrscheinlich eine größere, was die Bilder angeht.

Was erwarten Sie von den Duellen?

Beide Mannschaften können Fußball spielen. Der VfB kann selbstbewusst in das Spiel gehen. Man sieht einen deutlichen Fortschritt und den Glauben an die eigene Stärke, seit Sebastian Hoeneß da ist. Aber der Zeigefinger muss immer erhoben sein. Denn Relegationsspiele werden über Kleinigkeiten entschieden.

Können Sie ein Beispiel nennen?

Im Hinspiel gegen Union Berlin sind wir 2019 kurz vor der Pause in Führung gegangen. Eigentlich ein idealer Zeitpunkt. Im direkten Gegenzug haben wir dann den Ausgleich kassiert, weil der Fokus mit den ganzen Emotionen im Stadion kurz nicht voll da war. Es kommt auf jede Aktion an.

Könnte ein Abstieg auch eine Chance sein mit Blick auf größere Einsatzchancen für Jugendspieler?

Man kann einem Abstieg nie mehr Positives als Negatives abgewinnen. Es ist für den gesamten Verein schlecht und bedeutet Einschränkungen für alle Mitarbeiter.

In der nächsten Saison werden Sie weiter die U 19 trainieren. Es hatte zuletzt Gerüchte um einen Abschied gegeben.

Ich habe vor vier Jahren mit voller Überzeugung einen Vertrag bis 2024 unterschrieben. Sich dennoch mit anderen Optionen zu beschäftigen, ist legitim. Aber die U 19 beim VfB Stuttgart zu trainieren ist schon auch ein Privileg. Das gehe ich auch zur neuen Saison mit voller Kraft an.

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