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TSV-Halle ist nicht barrierefrei, das stört aber keinen

Beim Inklusionsturnier des TSV Großglattbach geht mit Rainer Ehmann zum ersten Mal auch ein Rollstuhlfahrer an den Start.

  • Zwei Lokalmatadore des TSV Großglattbach in Zusammenarbeit mit der Lebenshilfe Vaihingen/Mühlacker: Volker Sieber (rechts) und Tobias Karg.

    Zwei Lokalmatadore des TSV Großglattbach in Zusammenarbeit mit der Lebenshilfe Vaihingen/Mühlacker: Volker Sieber (rechts) und Tobias Karg.

  • Rainer Ehmann (SV Eltingen) zeigt an der Seite seiner Teampartnerin Katharina Mähring, dass man in der Großglattbacher Halle auch im Rollstuhl Tischtennis spielen kann. Fotos: Küppers

    Rainer Ehmann (SV Eltingen) zeigt an der Seite seiner Teampartnerin Katharina Mähring, dass man in der Großglattbacher Halle auch im Rollstuhl Tischtennis spielen kann. Fotos: Küppers

Tischtennis. Wenn in den Tagen nach den weihnachtlichen Feiertagen landauf, landab das Projekt „Weihnachtsspeck weg“ anläuft, bietet der TSV Großglattbach mit seinen Tischtennis-Turniertagen eine willkommene Abwechslung zu Ruhe und Besinnlichkeit. In Sporthalle und Tischtenniskeller stehen auf zwei Etagen drei Tage lang die unterschiedlichsten Wettbewerbe an. Den Auftakt hat gestern das Inklusionsturnier gebildet.

16 Mannschaften waren am Start. „Das waren nochmal mehr als beim vorigen Mal“, freut sich Turnierleiter Volker Langenstein. Der TSV Großglattbach bietet nicht nur an seinen Turniertagen, sondern das ganze Jahr eine Inklusionsgruppe an. Mitglieder der Lebenshilfe Vaihingen/Mühlacker mit Behinderung spielen gemeinsam mit den Großglattbacher Vereinsspielern ohne Handicap. Daraus entwickelte sich im Jahr 2018 das erste große Inklusionsturnier, das damals in Mühlacker ausgetragen wurde. Mittlerweile ist das Turnier für Zweiermannschaften – jeweils ein Spieler mit und ohne Behinderung – fester Bestandteil der Turniertage zwischen den Jahren.

Immer wieder eine neue Herausforderung für die erfahrenen Turnierveranstalter.

Doch bei aller Erfahrung im Umgang mit denen, die es im Leben etwas schwerer haben als andere, sahen sich die Veranstalter gestern einer ganz neuen Herausforderung gegenübergestellt. „Wir haben zum ersten Mal einen Rollstuhlfahrer dabei“, berichtet Langenstein. „Dabei sind wir gar nicht auf barrierefreie Zugänge, Toilette und alles ausgelegt. Aber das läuft heute alles völlig unkompliziert.“ Rainer Ehmann (SV Eltingen) ist aus Leonberg nach Großglattbach gekommen, um sich zum ersten Mal bei einem Turnier mit anderen Sportlern zu messen. „Jeden zweiten Samstag treffen wir uns, um Tischtennis zu spielen“, sagt er. „Schon mehrere Jahre.“ Und auf jeden Fall schon länger als Corona. Jedes der Inklusions-Teams hat einen Namen, die meisten sind selbst gewählt. „Das haben wir aber zu spät mitbekommen“, sagt Ehmanns Begleiterin Katharina Mähring. „Wir haben trotzdem einen coolen Namen. ,Ofenschlupfer‘ wurde für uns ausgewählt.“

Frühere Leistungssportlerin bringt sich jetzt als Einfachmacherin für andere ein.

Mähring ist der Teil des Teams ohne Handicap. „Ich war früher Leistungssportlerin“, erzählt sie und setzt lachend hinzu: „Leichtathletik und Bob. Auf DM- und Weltcup-Niveau, aber nicht bei Olympia.“ Dabei habe sie so viel Unterstützung erfahren, dass sie jetzt etwas zurückgeben möchte und sich darum ehrenamtlich engagiert. Ihren festen Platz in einer bestimmten Position habe sie noch nicht gefunden, bekennt die Herrenbergerin. „Aber vom Württembergischen Landes-Sportbund gibt es das Projekt der Einfachmacher“, erzählt sie. „Das ist auf drei Jahre angelegt und da bringe ich mich jetzt ein, wenn es von Herrenberg aus gut zu erreichen ist.“ Leonberg sei da schon grenzwertig, aber gerade noch drin.

Modifizierte Regeln für den, der direkt hinter der Tischtennisplatte sitzt.

Gestern spielten Mähring und Ehmann ihr erstes gemeinsames Turnier. „Sind wir gut?“, fragt die Einfachmacherin. Ihr Begleiter strahlt sie an: „Ja!“ Für Tischtennisspieler im Rollstuhl gelten zwar etwas andere Regeln als für diejenigen, die sich mit einer geistigen Behinderung frei bewegen können, doch das stört hier keinen. Und auch, dass die Halle ganz und gar nicht dafür gebaut ist, mit Rollstuhl genutzt zu werden, wird gerne in Kauf genommen. „Wir dürfen die ganze Zeit im oberen Teil der Halle spielen“, berichtet Mähring über die Bemühungen der Turnierplaner. „Das ist doch ein super cooler Schritt der Barrierefreiheit.“ Ehmann ergänzt, dass die einzige echte Barriere eine Stufe am Haupteingang der Halle gewesen sei. Und da habe es genügend helfende Hände gegeben. In der Halle selbst kommt er gut klar.

Das Mittagessen beim gestrigen Turnier war bereits im Startgeld enthalten, so dass es für niemanden einen Grund gab, auf die deftige Stärkung in der Mittagszeit zu verzichten. Der Modus des Wettbewerbs ist ganz auf Inklusion ausgerichtet. Pro Runde gibt es für jedes Team drei Spiele gegen die ihm zugeloste Mannschaft. Das Einzel der Spieler mit Behinderung, das Einzel der Spieler ohne Handicap und das Doppel. „Das zählt doppelt“, sagt Langenstein.

Teams der Gastgeber belegen die Plätze zwei bis vier in der Abschlusstabelle.

Am Ende überlassen die Gastgeber den Spitzenplatz zwar ihren Gästen vom Samariterstift Bopfingen – Julian Werr und Manuel Mayer gewinnen das Turnier – räumen aber dahinter auf den Plätzen zwei bis vier richtig ab. Als Team Bodensee wird Timo Amrhein an der Seite von Sebastian Rösenberg Zweiter. „Sebastian gilt in dem Team als Sportler ohne Behinderung, obwohl er selbst ein Handicap hat“, berichtet Langenstein. „Aber uns sind ein paar Spieler krank ausgefallen und er spielt selbst im Leistungssport.“ Dritter werden Tobias Karg/Volker Sieber, beide von Lebenshilfe und TSV Großglattbach. Auf Rang vier landet Anton Biehringer (Bopfingen) gemeinsam mit Monika Dick (Großglattbach).

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