Politik

Proteste der Studenten setzen Biden zu

Die Proteste von Studierenden gegen den Gaza-Krieg gefährden die Wiederwahl Joe Bidens. Der US-Präsident muss daher einen Balanceakt vollführen.

  • Die New Yorker Polizei dringt in die besetzte Hamilton Hall der Universität ein.Foto: Craig Ruttle/AP/dpa/Craig Ruttle

    Die New Yorker Polizei dringt in die besetzte Hamilton Hall der Universität ein.Foto: Craig Ruttle/AP/dpa/Craig Ruttle

Als radikale Demonstranten die Fenster der Eingangstüren zur Hamilton Hall einschlugen, beendete der US-Präsident sein Schweigen. „Gebäude mit Gewalt zu besetzen, ist nicht friedvoll. Es ist falsch“, erklärte Joe Biden durch einen Sprecher. „Hetze und Hasssymbole haben keinen Platz in Amerika.“ Damit spielte er auf das „Intifada“-Banner an, das die radikalen Besetzer von dem Vorlesungsgebäude hängen ließen. Das Wort steht für den Aufruf zum Widerstand der Palästinenser.

Nach Tagen der Zurückhaltung bezog Biden am Dienstag klar Position. Längst stand zu diesem Zeitpunkt der Verdacht im Raum, dass es sich bei den Scharfmachern unter den Demonstranten nicht um Studierende der Elite-Universität handelte. Der Bürgermeister von New York, Eric Adams, sprach vor der polizeilichen Räumung der Hamilton Hall von „professionellen Agitatoren“. Zu diesem Zeitpunkt waren bereits mehrere Hundertschaften der New Yorker Polizei auf dem Weg zu dem 118 Jahre alten Gebäude, das vor genau 56 Jahren schon einmal im Zentrum von Protesten stand. Während damals mehr als 700 Demonstranten, die Hamilton Hall besetzt hatten, um ein Ende des Vietnamkriegs zu verlangen, waren es dieses Mal nur ein paar Dutzend. Entsprechend schnell räumte die Polizei das Gebäude.

Viele Protestierende haben mit der Uni nichts zu tun

Die New Yorker Polizei bekräftigte nach der Festnahme der Besetzer den Verdacht, dass viele nichts mit der Columbia Universität zu tun gehabt hätten. Die in die Kritik geratene Präsidentin der Hochschule Minouche Shafik bat die Polizei, bis zum 17. Mai auf dem Campus zu bleiben, „um die Ordnung zu sichern“. Shafik erklärte, es habe keine Alternative zur Räumung gegeben, nachdem Sicherheitskräfte der Universität direkt bedroht worden waren. Sie hatte bis dahin versucht, das Eingreifen der Polizei zu vermeiden. Tatsächlich handelte es sich gemessen an den 36 000 Studierenden um eine verhältnismäßig kleine Zahl an Demonstranten.

Der US-Präsident beschreitet im Umgang mit dem Konflikt einen schmalen Grat. Er versucht kein Öl in das Feuer zu gießen, das schon so zu einem Flächenbrand angewachsen ist. Überall in den USA protestieren junge Leute an staatlichen und privaten, kleinen und großen Colleges gegen den Gaza-Krieg . Laut aktueller Übersicht der Washington Post kam es an mehr als 400 College-Standorten zu Demonstrationen. Vielerorts verlangen die Studierenden, dass die Universitäten ihre Beziehungen zu Israel kappen.

Biden nimmt Rücksicht auf jüdische und muslimische Wähler

Biden lässt keinen Zweifel daran, dass die USA untrennbar an der Seite Israels stehen- Er setzte dafür im Kongress weitere Militärhilfen durch. Ohne Wenn und Aber verurteilt der Präsident antisemitische Parolen, die sich unter die Proteste mischen. Und er nennt die Einschüchterung jüdischer Studenten am Campus unakzeptabel. Das spiegelt die Erwartungen vieler amerikanischer Juden wider, die zu 70 Prozent Demokraten sind und ein wichtiger Teil seiner Wählerschaft sind. Andererseits setzt der US-Präsident den israelischen Regierungschef Benjamin Netanyahu massiv unter Druck, einem Waffenstillstand im Gegenzug für die Freilassung von Hamas-Geiseln zuzustimmen und auf eine Offensive in Rafah zu verzichten. Zudem richten die US-Streitkräfte einen eigenen Versorgungskorridor für die Zivilbevölkerung in Gaza vom Meer aus ein.

All das kommt den Forderungen der muslimischen Wähler in den USA entgegen, die zusammen mit dem linken Flügel der Partei in wichtigen Swing States wie Michigan über Sieg und Niederlage beim Rennen um das Weiße Haus entscheiden können.

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