Im politischen Berlin redet man über ein Thema, das so gar nicht zur Jahreszeit passen will: Heizungen. Genauer über das Gebäudeenergiegesetz, um das SPD, Grüne und FDP seit Monaten ringen. Künftig sollen neu eingebaute Heizungen mit 65 Prozent erneuerbarer Energie laufen, was faktisch das Ende für klassische Öl- und Gasheizungen bedeutet.
Ohne Absprache mit der Partei?
Da alle die Ampelparteien zugesagt haben, das Gesetz bis zur parlamentarischen Sommerpause Anfang Juli im Bundestag zu verabschieden, drängt die Zeit. Während die FDP es nicht so eilig zu haben scheint, wollen Grüne und SPD das Gesetz bald verabschieden. Ein Kompromiss muss her – und zwar schnell. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat dazu nun Vorschläge gemacht. So könnte es etwa Veränderungen beim Starttermin geben: Statt ab 1. Januar 2024 gleich für alle Gebäude zu gelten, könnte der Beginn zunächst nur für Neubauten greifen. Beim Altbaubestand könnte mehr Zeit eingeräumt werden. Auch bei den zugelassenen Heizungen ist Spielraum, etwa bei der weiteren Nutzung von Holz oder Holzpellets. Auch der Fernwärme könnte mehr Bedeutung beigemessen werden, insbesondere in den Städten, wo die Bebauung eng ist.
Einige Parlamentarier der Regierungsfraktion rümpften über Habecks Vorgehen die Nase, denn das Bundeskabinett hat zum aktuellen Zeitpunkt formal nichts mehr mit dem Gesetz zu tun. Nachdem die Bundesregierung das Vorhaben verabschiedet hat, ist das Parlament am Zug. Selbst Habeck hatte vor einigen Tagen gesagt: „Der parlamentarische Raum berät und entscheidet jetzt über das Gesetz.“ Dass Habeck trotzdem eigene Kompromissvorschläge machte, führte zu Unmut bei einigen Abgeordneten. Selbst mit seiner eigenen Fraktion waren die Vorschläge offenbar nicht abgestimmt. Die entscheidenden Akteure sind nun die stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden von SPD, Grünen und FDP. Diese wollten sich am Dienstag und Mittwoch treffen, um über das weitere Vorgehen zu beraten. Dabei stehen erst einmal Planungsgespräche an: Wer verhandelt welche Bereiche? Die Parlamentarier bestimmen den Takt der Verhandlungen, nicht Minister Habeck.
Habeck beantwortet persönlich Fragen der FDP
Einen weiteren Versuch, zu einer Lösung zu kommen, wollte Habeck am Dienstagabend starten. Er lud die sogenannten Berichterstatter zu einem digitalen Treffen ein, um über offene Fragen zu sprechen. Diese Abgeordneten arbeiten die Details des Gesetzes aus. Durchbrüche seien nicht zu erwarten, hieß es im Vorfeld aus Regierungskreisen. Es handele sich um keine Verhandlungsrunde, folglich werde es keine Ergebnisse geben. Es sollte um einen Katalog von 77 Fragen gehen, den die FDP formuliert hatte. Die Liberalen hatten diese Fragen vergangene Woche als Grund genannt, dass das Gesetz nicht in erster Lesung in den Bundestag eingebracht werden sollte.
Dass Habeck persönlich die Fragen der berichterstattenden Abgeordneten beantworten wollte, ist ungewöhnlich. Normalerweise schicken Minister ihre Staatssekretäre oder Abteilungsleiter zu Fragerunden. So war es auch bei den Treffen, die bereits zwischen den Berichterstattern stattgefunden hatten. Dass Habeck persönlich einlud, ist eine Botschaft an die FDP: Seht her, ich nehme mir Zeit für euch. Damit erhöht er den Druck auf die FDP, das Gesetz nicht weiter hinauszuzögern.
Doch manche in der FDP sind offenbar fest entschlossen, auf Zeit zu spielen. FDP-Vize Wolfgang Kubicki beharrte, der Fragenkatalog müsse schriftlich beantwortet werden. Anschließend müsse die gesamte Fraktion die Antworten bewerten, sagte Kubicki den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Doch die Fraktion würde planmäßig erst wieder am 13. Juni zusammentreten. Eine Verabschiedung vor der Sommerpause würde damit unrealistisch.