Kultur

Zweite Haut aus Tanz und Musik

Das Stuttgarter Flamenco Festival hat mit „Segunda Piel“ der Tänzerin und Choreografin Mercedes Ruiz eröffnet: einem so intimen wie leidenschaftlichen Austausch zwischen Körper, Bewegung, Wort, Stimme und Instrumenten.

  • Eingehen aufeinander ist Trumpf: Mercedes Ruiz und Musiker.Foto: /Sibylle Nuñez Diaz

    Eingehen aufeinander ist Trumpf: Mercedes Ruiz und Musiker.Foto: /Sibylle Nuñez Diaz

Schritt um Schritt, Geste um Geste, Position um Position – fast sanft tastet Mercedes Ruiz das Terrain ab, in dem Stühle und die Kistentrommel Cajon bereit stehen. Zunächst alleine: Den Rhythmus gibt der Flamencotänzerin allein ihr Körper vor, ihre sich elegant windenden Hände und Arme, das Fingerschnalzen, ihre mal sacht, mal hart, immer gefühlvoll trippelnden und stampfenden, anfangs schuhlosen Füße. Bis langsam hintereinander auch die meisterhaften Musiker die Bühne des Theaterhauses betreten, die Cantaores, Sänger Manuel José Gago und Sängerin Mercedes Cortés, gefolgt von den Gitarristen Santiago Lara und Pedro Navarra.

Klatschen, Schnippen, graziöse Akkorde und virtuose Gesangsfolgen schwellen an, münden in rasante Bulerías, langsamere emotionale Granaínas, also Flamencomusik im Granada-Stil, und eine komplexe Farruca. In der schenken sich Tänzerin und Musizierende nichts: Wie die Fußarbeit, Gitarre und Cajon in Gegenrhythmen zusammenfinden, die Stimmen das ihrige tun, das ist virtuos wie grandios – und wird mit vielen anerkennenden „¡Vale!“ oder „¡Olé!“ bedacht. Schnell ist klar, die Feier des immateriellen Weltkulturerbes Flamenco hat begonnen. Bis 5. August findet das Stuttgarter Flamenco Festival statt, zum zwölften Mal: Im Jahr 2010 gründeten die Tänzer und Choreographen Catarina Mora und Miguel Ángel das Festival.

Fürs Leben lernen

Dass Mora es nun von dem Stück „Segunda Piel“ der Choreografin Mercedes Ruiz eröffnen ließ – wunderbar! Die 1980 im spanischen Jerez de la Frontera geborene Ruiz hinterfragt den klassischen Flamencotanz immer wieder und entwickelt ihn weiter, ohne die Tradition zu zerstören. Die Art, wie diese „zweite Haut“ um sie herum entsteht, von der der Titel ihres Werks erzählt, ist zutiefst ehrlich.

Ob beim Tanz im klassischen Rüschenkleid mit dem Bata de cola, dem Schleppenrock, mit dem Tuch Mantón de Manila, oder schlicht in Hose und Blazer, stets entsteht ein tiefer, intimer wie leidenschaftlicher Austausch zwischen Körper, Bewegung, Stimme, Instrumenten, der einen Rahmen haben mag, aber so offen ist, dass er immer neue Wendungen nimmt. Daher funktioniert auch das Kastagnetten-Duett, das sie mit alten Filmaufnahmen ihres Onkels, Flamenco-Gitarren-Ikone Manuel Morao, wagt. Achtsamkeit, Eingehen aufeinander ist Trumpf. Da kann man fürs Leben lernen. Das weitere Programm unter: www.stuttgarterflamencofestival.com .

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