Kultur

Spielfreude in der ganzen Stadt

Das Theaterfestival „Schöne Aussicht“ strahlte mit seiner Energie und 18 Performances aus neun Ländern in den Stuttgarter Stadtraum hinaus. Ein Fazit.

  • Szene aus dem Tanztheater „Tiger Tale“ vom Barrowland Ballet aus Großbritannien, eines der vielen internationalen Gastspiele des diesjährigen „Schöne Aussicht“-Theaterfestivals.Foto: Brian Hartley

    Szene aus dem Tanztheater „Tiger Tale“ vom Barrowland Ballet aus Großbritannien, eines der vielen internationalen Gastspiele des diesjährigen „Schöne Aussicht“-Theaterfestivals.Foto: Brian Hartley

„Ich fühle mich fast wieder wie 2018 – vor der Coronapandemie.“ Brigitte Dethier sitzt in der Festivallounge des internationalen Theaterfestivals „Schöne Aussicht“ und nippt an einer Flasche Limonade. Um sie herum flirrt die Luft: Im Atrium des Jungen Ensembles Stuttgart– dem Veranstaltungsort des Festivals – sitzen Menschen auf Bänken und Sitzkissen zusammen. In der Lounge probieren sich Besucherinnen und Besucher an kreativen Stationen aus. Dazwischen unterhalten sich Jugendliche angeregt über eine gerade zu Ende gegangene Vorstellung.

Diese trubelige Festivalstimmung erinnert tatsächlich an eine Normalität, in der Maskenpflicht und Inzidenzzahlen noch nicht zur Alltagssprache gehörten – und das, obwohl das Festival mit einem ausgearbeiteten Hygienekonzept aufwartet. „Dass wir das so erleben können, ist nach den letzten zwei Jahren wirklich toll“, sagt Dethier, für die dieses Erlebnis auch ein willkommenes Abschiedsgeschenk sein dürfte.

Neustart nach der Pandemie und Generationenwechsel

Die zehnte Ausgabe der „Schönen Aussicht“, die vom 8. bis zum 15. Mai in Stuttgart stattfand, markiert einen Generationenwechsel. Für Dethier und Christian Schönfelder, die sich 20 Jahre lang die künstlerische Leitung des Festivals teilten, ist nach dieser Runde Schluss. Die nächste Ausgabe wird von der künftigen JES-Intendantin Grete Pagan veranstaltet.

Der Übergabe des Staffelstabs schaut Dethier nach einer Festivalwoche mit insgesamt 54 Veranstaltungen gelassen entgegen. „Es ist ein guter Moment, um zu gehen und ich nehme so viele wunderbare Eindrücke mit. Mir war immer wichtig, zu gehen, wenn es am schönsten ist – nicht, wenn die Dinge schieflaufen. Ein guter Abgang gehört für mich zu einer erfolgreichen Leitung mit dazu“, sagt sie.

Zurückblicken kann sie auf erfolgreiche Jahre: Unter ihrer und Schönfelders Regie entwickelte sich die „Schöne Aussicht“ zu einem beliebten Anlaufpunkt in der internationalen Theaterfestivalszene. Im Zentrum stehen Kooperation, Gastfreundschaft und internationaler Austausch.

International und Interaktiv

Die Vielfalt sowie die hohe Qualität der Darbietungen zeigten sich auch während der diesjährigen Festivalwoche. Von Tefo Payas beeindruckend intensiver Auseinandersetzung mit den Genderstereotypen in Botswana bis hin zur Erkundung des deutschen Waldes als Erlebnis und Mythos in Odette Bereskas Stück „Im Wald“: Die Bandbreite begeisterte insgesamt 4500 Menschen im Publikum.

Diese Spielfreude strahlte auch in den Stadtraum aus. In der Königstraße war die interaktive Ausstellung „Op een bedje van troost“ der niederländischen Künstlerin Hanneke Pauuwe zu Gast, in Stuttgart-Wangen wurde das „Hotel Europa“ aufgeführt. Die interaktive Tanzperformance „Birds“ aus Belgien fand sogar mitten auf dem trubeligen Rathausplatz statt. „Die Einlage hat viele Passanten zum Mitmachen animiert – eine ganz besondere Stimmung“, so Dethier.

Wohin sich das Festival nach Übergabe des Staffelstabs entwickeln wird, bleibt spannend. „Ich wünsche der Schönen Aussicht vor allem, dass sie sich weiterentwickelt und nie stehen bleibt“, sagt Brigitte Dethier.

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