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Zwei US-Jäger sterben an „Zombie-Hirsch-Krankheit“

Bisher war die immer tödlich endende Nervenerkrankung CWD nur bei Rehe und Hirsche bekannt. Nun sind erstmals zwei Jäger in den USA nach Verzehr von Hirschfleisch an der „Zombie-Hirsch-Krankheit“ gestorben. Forscher sind alarmiert. Droht eine Seuche wie beim Rinderwahn BSE?

  • Ein Seuchenbiologe des Arizona Game and Fish Department nimmt eine Probe von einem an CWD verendeten Hirsch.Foto: Imago/USA Today Network

    Ein Seuchenbiologe des Arizona Game and Fish Department nimmt eine Probe von einem an CWD verendeten Hirsch.Foto: Imago/USA Today Network

„Zombie-Krankheit“? Da denkt man unwillkürlich an Untote, Wiedergänger, leblose, seelenlose, willenlose Wesen. Von den Toten auferstanden, durch einen Virus zum Leben erweckt, wandeln sie umher, vorwärts getrieben von der Gier nach Blut.

Chronic Wasting Disease: „Zombie-Hirsch-Krankheit“

Tatsächlich geht es im vorliegenden Fall aber nicht um Untote, sondern um Hirsche in amerikanischen Wäldern, die an der tödlichen Krankheit namens „Chronic Wasting Disease“ (CWD) leiden.

CWD wurde inzwischen in 32 US-Bundesstaaten sowie in Kanada nachgewiesen. Rehe, Hirsche, Rentiere und Elche, die von der Hirnkrankheit infiziert sind, wirken wie Zombies. Apathisch, abgemagert und sabbernd schleppen sich die kranken Tiere durch die Wälder, bis sie schließlich qualvoll verenden. Jetzt sind erstmals auch Menschen von der tödlichen Erkrankung des zentralen Nervensystems befallen worden.

Zwei US-Jäger nach Verzehr von Wildfleisch gestorben

Ein Ärzteteam der University of Texas schreibt nun in der Fachzeitschrift „Neurology“ über den Fall zweier Jäger, die nach dem Verzehr von Wildfleisch aus einer von CWD betroffenen Hirschpopulation gestorben sind. Dem Bericht zufolge wirkte einer der Männer vor seinem Tod verwirrt und aggressiv. Die Symptome hätten sich innerhalb kurzer Zeit entwickelt und rasch verschlechtert, heißt es.

Der zweite Jäger starb den Forschern an ähnlichen Symptomen. Die Obduktion ergab, er an der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (CJK) gestorben sei. CJK ist eine beim Menschen selten auftretende, tödlich verlaufende übertragbare Erkrankung des menschlichen Gehirns.

Prionen-Krankheiten CJK, BSE, CWD

Creutzfeldt-Jakob beim Menschen, Rinderwahn – bovine spongiforme Enzephalopathie (BSE) – sowie „Zombie-Hirsch-Krankheit“ (CWD) gehören zu den Prionen-Krankheiten. Sie werden durch abnormal gefaltete Eiweiße (krankmachende Prionen) im Gehirn verursacht.

Die Art der Faltung ist wichtig für die Funktion der Eiweiße im Körper. Ist diese falsch, kann das Protein seine Aufgabe nicht erfüllen. Prionen bringen umliegende, gesunde Proteine dazu, sich ebenfalls falsch zu falten. So breitet sich das funktionsgestörte Gewebe immer weiter aus und führt zu einer Schädigung der Nervenzellen.

In einem fortgeschrittenen Stadium der Krankheit nimmt das Hirn eine schwammartig durchlöcherte Struktur mit fadenförmigen, proteinhaltigen Ablagerungen an. Der Prozess ähnelt einer Art beschleunigter Demenz und kann weder aufgehalten noch geheilt werden. Prionen-Erkrankungen verlaufen somit immer tödlich.

Weder Impfstoff noch Behandlungsmöglichkeiten

Nach Angaben des US Geological Survey wurde die CWD erstmals 1967 im US-Bundesstaat Colorado entdeckt. Die Inkubationszeit der Krankheit kann mehr als ein Jahr betragen. Tiere können sich direkt untereinander anstecken oder indirekt, indem sie mit infizierten Partikeln in Kontakt kommen, die in der Umwelt verbleiben, wie beispielsweise Erde, Pflanzen oder Fäkalien.

Derzeit gibt es keinen Impfstoff oder ein Heilmittel für die Zombiehirschkrankheit. Seit 1997 empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation WHO, zu verhindern, dass die Erreger aller bekannten Prionenerkrankungen in die menschliche Nahrungskette gelangen.

„Dinge können über Nacht aus dem Ruder laufen“

„Der Ausbruch des Rinderwahnsinns in Großbritannien war ein Beispiel dafür, wie über Nacht die Dinge aus dem Ruder laufen können, wenn ein Übertragungsereignis auftritt, zum Beispiel von Rindern auf Menschen. Wir sprechen von der Möglichkeit, dass etwas Ähnliches passieren könnte“ sagte Cory Anderson, ein CWD-Forscher an der University of Minnesota.

Besorgniserregend sei, dass es derzeit keine bekannte Möglichkeit gibt, die Krankheit zu bekämpfen, so Anderson, „weder von den Tieren, die sie infiziert, noch von der Umwelt, die sie kontaminiert“.

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