Politik

Angriff bis zum Kamener Kreuz

Wer über die Wehrpflicht debattiert statt zu handeln, kann ab 2027 nur noch auf Staus hoffen, meint Franz Feyder.

  • Rekruten erlernen während ihrer Grundausbildung den Aufbau von Zelten für zwei Soldaten: gefechtsbereit bis 2027?Foto: dpa

    Rekruten erlernen während ihrer Grundausbildung den Aufbau von Zelten für zwei Soldaten: gefechtsbereit bis 2027?Foto: dpa

Ein russischer Angriff, witzelte man in den 1980er Jahren in der Bundeswehr, komme nur bis zum Kamener Kreuz: am Rande des Ruhrpotts bliebe er im Stau schon stecken. Galgenhumor – damals wie heute: Ab 2027 könnte der russische Diktator Wladimir Putin das Baltikum angreifen lassen, sind sich Wissenschaftler wie vom Internationalen Institut für strategische Studien in London und zahlreiche Nachrichtendienste einig. In Deutschland diskutieren wir ernsthaft Bedingungen für eine Wehrpflicht?

Es gebe keine Ausbilder, gehört zu den Scheinargumenten. Dabei kommen aktuell auf jeden Mannschaftsdienstgrad 0,85 Offiziere und zusätzlich 2,07 Unteroffiziere mit und ohne Portepee. Eine Menge Häuptlinge für zu wenig Indianer – aber ganz sicher mehr als genug Ausbilder. Unklar, wie Deutschland spätestens ab 2031 der Nato die zugesicherten sieben Heeresbrigaden, bis zu 40 000 Männer und Frauen, innerhalb von 30 Tagen gefechtsbereit, zur Verfügung stellen will. Mit Debatten jedenfalls nicht.

Es gebe keine Unterkünfte, heißt es: 2024 informierte sich der Bundestag über den Stand leer stehender Liegenschaften der Bundeswehr und -polizei: 2 774 811 Quadratmeter Leerstand bei „sonstigen Liegenschaften“ meldete das Bundesliegenschaftsamt. Fünf Jahre zuvor standen 76 Kasernen leer: Kommunen waren und sind oft überfordert, aus eigenen Mitteln Kasernen in Wohn- und Gewerbegebiete umzuwandeln. Längst müssten wie bei Auslandseinsätzen übergangsweise Unterkünfte aus Containern gebaut und Teile der Ausbildung so gestaltet werden, das Soldaten sie biwakierend in ihren neu eingeführten, komfortablen Ein-Mannzelten samt 40 Quadratmeter großen Ergänzungssatz mit Liegen, Tisch und Stühlen auf Übungsplätzen verbringen.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hat Recht wenn er feststellt: „An der Wehrpflicht führt kein Weg vorbei.“ Dass gerade wertvolle Zeit verloren ginge. Es sind noch anderthalb Jahre bis 2027. Bis dahin braucht es eine schlagkräftige, eine gefechtsbereite Bundeswehr – oder viele, viele Staus wie den legendären am Kamener Kreuz.

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