Sport

Der B-Block – ein Ort, an dem Gefühle explodieren

Die ganze Stadt ein Stadion – so lautet das Stuttgarter Motto zur EM 2024. Aber: Welche Orte machen den Fußball in Stuttgart wirklich aus? Wir stellen besondere vor. Folge x: Der B-Block im Gazi-Stadion, wo Anna-Lena Nanz ihre Leidenschaft für die Stuttgarter Kickers auslebt.

  • Anna-Lena Nanz an ihrem Lieblingsort in Stuttgart – dem B-Block im Gazi-Stadion auf der Waldau.Foto: Pressefoto Baumann/Julia Rahn

    Anna-Lena Nanz an ihrem Lieblingsort in Stuttgart – dem B-Block im Gazi-Stadion auf der Waldau.Foto: Pressefoto Baumann/Julia Rahn

Es ist ganz anders als sonst. Anna-Lena Nanz kommt zum vereinbarten Termin in das menschenleere Gazi-Stadion, das Spielfeld wird gerade als Trainingsplatz für die EM präpariert. Statt auf grünen Rasen blickt sie auf eine braune Fläche Erde, auf der zwei Lastwagen stehen.

Von Ende Juli an wird alles wieder ganz anders sein. Dann wird die Baustelle wieder ein Hexenkessel sein und die glühende Anhängerin des Fußball-Regionalligisten Stuttgarter Kickers fiebert wieder mit ihrem Herzensclub mit – von ihrem absoluten Lieblingsplatz in Stuttgart aus: Dem B-Block auf der Waldau. „Hier explodieren die Gefühle, hier findet ein Feuerwerk an Emotionen statt“, sagt die 27-Jährige mit leuchtenden Augen. „Und hier gehen wir alle gemeinsam durch dick und dünn. Auch nach Niederlagen. Die Loyalität sitzt so tief.“

Den verpassten Aufstieg in die dritte Liga hat sie in der Fan-Kurve mit über 3000 Kickers-Fans im Homburger Waldstadion verfolgt. Ein paar Tränen hat auch sie vergossen, die Mannschaft haben sie und die blaue Fan-Gemeinde trotzdem gefeiert und getröstet. „Genau das zeichnet uns aus. Natürlich hat das weh getan, aber wenn man als Aufsteiger Vize-Meister wird, kann man doch mega stolz sein auf diese Saison“, sagt Anna-Lena Nanz. Sie freut sich jetzt schon auf die neue Regionalligasaison, die am letzten Juli-Wochenende beginnt.

Nie mehr rote Fingernägel

Dann wird sie wieder jedes Heimspiel ihrer Blauen vom B-Block aus verfolgen, mitsingen, mitjubeln, mittrauern. Das macht sie seit sie 15 Jahre alt ist. Immer mit dabei: Ihre drei Jahre jüngere Cousine Miriam. Sie war auch der Grund, warum sie erstmals unterm Fernsehturm die Kickers schaute. „Sie durfte nicht alleine ins Stadion, ich musste sie begleiten. Ich hatte bis dahin nichts mit Fußball am Hut, aber war von der ersten Sekunde an mit diesem Kickers-Virus im B-Block infiziert“, sagt sie und deutet mit einem Lächeln zum Beweis auf ihre blau lackierten Fingernägel. „Seit ich beim Abholen eines Kickers-Adventskalenders mal einen Rüffel bekam, ist roter Nagellack für mich tabu.“

Was die Faszination unter den Treuesten der Treuen auf den Stehrängen konkret ausmacht? „Man teilt seine Emotionen mit so vielen Leuten aus unterschiedlichsten Gesellschaftsschichten und auch Ländern“, erzählt sie. Kinder, Studenten, Familienväter, bis hin zu Omas und Opas – alle seien sie da, regelmäßig trifft sie auch Fans aus den USA. Da passt es ins Bild, dass auch Aufsichtsratschef Christian Steinle, der promovierte Jurist, mit seiner riesigen Schwenkfahne Stammgast im B-Block ist. Selbst VfB-Fans in zivil würden sich heimlich in den Bereich schleichen, in dem die treuesten Anhänger der Blauen stehen.

Selbstreinigungsprozess im Fan-Block

„Wir sind wie eine Familie. Wir alle sind definitiv keine Erfolgsfans, wir sind da, egal wie es läuft. Benimmt sich ausnahmsweise mal jemand daneben, schaut auch keiner weg“, betont sie auch einen gewissen Selbstreinigungsprozess. In den fünf Jahren Oberliga habe sich gezeigt, wer zum harten Kern gehört. „Die Zuschauerzahlen sind sogar nach oben geschossen. Welcher andere Club kann das behaupten?“, fragt sie voller Stolz.

Anna-Lena Nanz ist in Esslingen geboren und wohnt inzwischen ganz nah am Stadion. Sie braucht zu Fuß keine Viertelstunde an ihren Lieblingsort, mit der Bahn sind es gerade mal zwei Stationen. Die studierte Wirtschaftspsychologin arbeitet als Project Consultant für eine Unternehmensberatung in München. Sie ist in ganz Deutschland viel unterwegs. Doch die Termine der Kickers-Heimspiele auf ihrem Stammplatz sind ihr heilig. Um noch mehr Menschen davon zu begeistern und den B-Block noch mehr zu füllen, versucht sie mit Posts auf Linkedln die Stimmung darzustellen und auch Verbindungen zur Psychologie zu ziehen: „Ich liebe diesen Verein und die Gemeinschaft im B-Block einfach so sehr. Für mich gibt es keinen schöneren Ort in Stuttgart.“

Ihre speziellen Fußball-Orte?

Unere Reihe
Wir stellen in einer kleinen Reihe ohne Anspruch auf Vollständigkeit spezielle Fußball-Orte in Stuttgart vor. Den Auftakt macht der Bolzplatz an der Fleiner Straße, auf dem einst Hansi Müller das Kicken lernte. Weitere Folgen veröffentlichen wir in den kommenden Tagen

Ihre Erfahrungen
Uns interessieren aber natürlich auch Ihre und eure Erfahrungen. Was sind Ihre und eure speziellen Fußball-Orte in Stuttgart – und warum? Schreiben Sie uns gerne unter topsport@stzn.de.

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