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Istanbul/Ankara - Wer gehofft haben sollte, dass der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan nach seinem Wahlsieg einen gemäßigteren Kurs einschlagen werde, hat sich getäuscht. Schon in der Wahlnacht signalisierte er mehr Härte gegen seine politischen Gegner. Der Westen hat so gut wie keinen Einfluss mehr auf ihn.

Erdogan fühlt sich in seiner bisherigen Politik bestätigt. Trotz der Wirtschaftskrise mit hoher Inflation hält eine Mehrheit der Türken zu ihm. Jetzt hat Erdogan freie Bahn. Es gibt keine politischen oder wirtschaftlichen Hindernisse mehr für seine Macht. Zwar brach der Kurs der Lira am Montag weiter ein, weil der Präsident bei seiner inflationstreibenden Niedrigzinspolitik bleiben will. Doch selbst wenn der Türkei das Geld ausgeht und sie ihre Kredite nicht mehr bedienen kann, könnte das dem Präsidenten wahrscheinlich nichts anhaben: Er würde die Schuld auf Verschwörer im Westen schieben, und viele Türken würden ihm glauben.

Mehr Macht für Erdogan und weniger Einfluss für den Westen – diese Kombination wird künftig die Beziehungen bestimmen. Sie läuft nicht automatisch auf Dauerkrach hinaus. Erdogan ist ein wendiger Politiker, auch die EU ist flexibel genug, um etwa die Unterdrückung von Regierungskritikern zu ignorieren, wenn Erdogan im Gegenzug Flüchtlinge auf ihrem Weg nach Europa aufhält. Das Verhältnis wird deshalb künftig den Beziehungen mit Autokratien gleichen – die Türkei rückt weiter vom Westen weg.

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