Berlin - Die Summe von 308 Millionen Euro klingt erst mal gar nicht schlecht. Die Uefa schüttet in dieser Saison deutlich mehr Geld an die Vereine aus, die nicht am Europapokal teilnehmen und nicht von den astronomisch gestiegenen Einnahmen in der reformierten Champions, Europa oder Conference League profitieren. Der massiven finanziellen Unwucht entgegenwirken können diese sogenannten Solidaritätszahlungen zur Förderung des Nachwuchses aber praktisch gar nicht. In Deutschland werden genau zehn Millionen Euro ankommen – eine Summe, die ein Europapokal-Teilnehmer spielend alleine verdient.
Die Verantwortlichen der Vereine, die sich in der vergangenen Spielzeit nicht qualifiziert haben, können gerade nur leidvoll zuschauen, wie von der Uefa massiv Geld an die Konkurrenz ausgeschüttet wird. Die deutschen Europa-League-Starter Eintracht Frankfurt und TSG Hoffenheim bekommen an diesem Freitag ihre Startprämie in Höhe von 4,14 Millionen Euro überwiesen. Conference-League-Debütant 1. FC Heidenheim bekommt 3,05 Millionen Euro.
In der Champions League, an der Bayer Leverkusen, der FC Bayern, VfB Stuttgart, RB Leipzig sowie Borussia Dortmund teilnehmen, wurden allein für die Qualifikation 17,87 Millionen Euro ausgeschüttet, drei Millionen mehr als im vergangenen Königsklassenzyklus. Die Uefa steigert ihre Einnahmen im Europapokal durch die Reformen mit mehr Spielen und Teilnehmern auf prognostiziert 4,4 Milliarden Euro. Wer lange im Wettbewerb bleibt, verdient locker Millionenbeträge im hohen zweistelligen Bereich.
Die Leidtragenden sind die Clubs, die gerne dabei wären, es aber nicht geschafft haben – in der Bundesliga beispielsweise einstige internationale Starter wie Borussia Mönchengladbach, Werder Bremen oder der VfL Wolfsburg. „Wir haben das große Ziel, wieder in einem europäischen Wettbewerb zu spielen. Aber das war noch nie einfach. Und das wird jetzt immer schwieriger. Weil es eben sehr große Unterschiede gibt, wie viel Geld die einzelnen Clubs investieren können“, sagte Wolfsburgs neuer Sport-Geschäftsführer Peter Christiansen.
Der aktuelle Uefa-Verteilerschlüssel gilt bis zur Saison 2027/28. Das scheint Zeit genug zu sein, dass sich in der Bundesliga der Eindruck einer Zweiklassengesellschaft stark verfestigt. Zu der Europapokal-Problematik kommt regelmäßig der Streit darüber, wie die Einnahmen aus der Vermarktung der Liga verteilt werden. Beides hängt zusammen – für eine Liga mit attraktiven, international erfolgreichen Clubs wird grundsätzlich, aber abhängig vom Markt auch mehr Geld bezahlt.
„Die Befürchtung, dass durch die Mehreinnahmen aus den internationalen Wettbewerben die Schere in den nationalen Ligen immer weiter auseinandergeht, gibt es schon lange“, teilte die Fan-Organisation „Unsere Kurve“ mit. „Den Reichen gibt man.“ Finanziell „ähnelt die neue Champions League sehr der geplanten Super League, es profitieren vor allem einige wenige Clubs der größten Ligen“.
Der FC Bayern hatte in der Vorsaison, als es im Vergleich zur aktuellen Spielzeit weniger Uefa-Geld gab, gut 130 Millionen Euro mit den Auftritten in der Königsklasse verdient. Auch der BVB profitierte enorm durch den Einzug ins letztlich verloren gegangene Endspiel im Wembley-Stadion.
„Die Meister werden immer dominanter, zum Klassenerhalt reichen immer weniger Punkte. Es ist nicht verwunderlich, dass mittlerweile Vereine wie Darmstadt, Braunschweig, Fürth oder Paderborn keine Chance mehr haben, in der Bundesliga zu bestehen“, teilte „Unsere Kurve“ mit. Es gebe eine gemeinsame Erklärung großer Fan-Vertretungen der Bayern und von Dortmund, „die 50 Prozent für den Solidartopf verlangt haben“.
Geld abgeben werden die Europapokal-Starter aber kaum, das Argument, sich die Summen sportlich verdient zu haben, ist nicht von der Hand zu weisen. Die Uefa-Solidaritätszahlungen sind runtergerechnet auf die Bundesliga zudem kaum der Rede wert. Vor der Reform flossen etwa acht Millionen Euro über den Deutschen Fußball-Bund und die Deutsche Fußball Liga an die Vereine – allerdings an die Zweitligisten. Für die Nichtteilnehmer am Europapokal in der Bundesliga sind weniger als eine Million Euro pro Club in den Bilanzen nicht entscheidend.