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Trotz Corona: Brite reitet mit

Der mit Corona infizierte britische Dressurreiter Gareth Hughes löst bei der Reit-WM im dänischen Herning Kopfschütteln aus. Doch Hughes darf weiter an den Wettbewerben teilnehmen.

  • Gareth Hughes hat auf Classic Briolinca bereits Team-Silber errungen.Foto: dpa/Friso Gentsch

    Gareth Hughes hat auf Classic Briolinca bereits Team-Silber errungen.Foto: dpa/Friso Gentsch

Eigentlich hatte alles ganz harmlos angefangen. Als am Sonntagabend die Mannschafts-WM zugunsten der dänischen Gastgeber entschieden war und die Aktiven der Medaillengewinner zur obligaten Pressekonferenz erschienen waren, stellte eine irische Journalistin folgende Frage an das britische Silber-Team: „Ihr seid ja nur zu dritt, wo ist denn Gareth Hughes, euer vierter Mann?“ Da griff der 66-jährige englische Reiterveteran Richard Davison, der Platz 55 unter 93 Konkurrenten belegt hatte, aber seine Silbermedaille stolz um den Hals trug, zum Mikrofon und sagte: „Gareth kommt nicht – der hat Covid!“

Totenstille während der Pressekonferenz

Für einige Schrecksekunden herrschte im Pressesaal Totenstille – alle waren sprachlos. Dann versuchte eine Sprecherin des britischen Teams die für alle unerwartete Lage zu erklären: „Es stimmt, Gareth ist mit Corona infiziert. Wir haben den Weltverband und den Veranstalter darüber informiert. Es bestehen hier in Dänemark keinerlei Restriktionen mehr für Infizierte, etwa bei der Einreise; auch eine Quarantänepflicht und eine Meldepflicht gibt es nicht mehr.“ Gareth habe, so die Sprecherin, „Abstand gehalten zu allen anderen“. Bei der offiziellen Siegerehrung, bei der die zwölf Aktiven eng beieinander auf dem Treppchen stehen, sah man das allerdings anders.

Die Bundestrainerin reagiert konsterniert

Bundestrainerin Monica Theodorescu erklärte wenig später ziemlich konsterniert: „Wir sind von dieser Nachricht völlig überrascht worden, uns hat niemand informiert.“ Dabei müsse man wissen, dass Gareth Hughes an der Siegerehrung teilgenommen und auf dem Treppchen alle seine Konkurrenten umarmt und geherzt habe. Sie selbst, so Theodorescu, war nicht bei dieser Siegerehrung. „Wenn ich dabei gewesen wäre, hätte ich ihm selbstverständlich auch gratuliert, wie sich das gehört.“

Isabell Werth, Ingrid Klimke, Benjamin Werndl und Frederic Wandres saßen mit versteinerten Mienen da – sie äußerten sich jedoch nicht, überließen ihrem Equipechef Klaus Roeser die offizielle Stellungnahme des deutschen Reiterverbandes. Roser erklärte: „Wir vom deutschen Team werden keinen Protest einlegen, das machen wir nicht, das ist nicht unser Stil. Der Wettkampf ist sportlich entschieden.“ Wobei man wissen muss, dass sein Quartett bei einem Ausfall von Gareth Hughes höchstwahrscheinlich WM-Silber gewonnen hätte. Einen kritischen Seitenhieb an die Adresse des Coronasünders verkniff sich Roeser aber dann doch nicht: „Ich bin von Gareth Hughes menschlich sehr enttäuscht!“

Mit Sanktionen muss der Brite nicht rechnen

Wenig später nahm dann auch der Reiterweltverband offiziell Stellung zum „Fall Hughes“. Zitat aus seiner Erklärung: „In Dänemark gibt es tatsächlich keinerlei Restriktionen mehr für Infizierte, etwa bei der Einreise, auch keine Pflicht, sich etwa in Quarantäne zu begeben!“ Also bestehe kein Anlass, den britischen Reiter mit Sanktionen zu belegen.

Gleichwohl forderte der Weltverband alle Nationen und Aktiven, die an der WM in Herning teilnehmen, dazu auf, die Risiken einer Infektion zu beachten und streng auf die Sicherheit aller ihrer Athleten und deren Umfeld zu achten. Wichtig zu wissen: In den allgemeinen Regeln des Weltverbandes gibt es keine Vorschrift etwa für Sanktionen gegen einen Reiter wie Gareth Hughes – der Fall ist völlig neu; er ist der erste dieser Art, der international bekannt geworden ist. So besteht keinerlei Handhabe, den Reiter beispielsweise zu disqualifizieren. Ein solcher Schritt des Weltverbandes hätte etwa vor der Sportgerichtsbarkeit keinerlei Bestand.

Erst Western-, dann Dressurreiter

Wer ist nun eigentlich dieser Gareth Hughes? Der 51-jährige Berufsreiter stammt aus Australien, lebt heute im englischen Warwickshire. Zunächst war er Westernreiter, wechselte dann zur Dressur. Bei den Weltmeisterschaften 2014 in der Normandie gewann Hughes mit den Briten Team-Silber, bei den Europameisterschaften 2013 in Herning und 2021 in Hagen war es erneut Team-Silber. Sein Pferd, die schon 16 Jahre alte Stute Briolinca aus der niederländischen Zucht, belegte am Sonntag im Grand Prix den 13. Rang – einen Platz vor Ingrid Klimke mit ihrem Hengst Franziskus.

Sollte Hughes diesen 13. Rang halten können, darf er – nach dem Ruhetag – am Mittwoch auch noch am WM-Kürfinale der punktbesten 15 Reiter teilnehmen. Er selbst hielt sich gestern bedeckt, wollte sich ganz auf seinen Start konzentrieren.

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