Sport

Stéphanie Frappart: so tickt die erste WM-Schiedsrichterin

Drei Schiedsrichterinnen wurden für die WM nominiert. Nun darf eine ran: Stéphanie Frappart leitet das deutsche Spiel gegen Costa Rica.

  • Stéphanie Frappart ist die erste Frau, die ein WM-Spiel pfeift.Foto: Imago/ANP

    Stéphanie Frappart ist die erste Frau, die ein WM-Spiel pfeift.Foto: Imago/ANP

Für das deutsche Team geht es an diesem Donnerstag von 20 Uhr an nicht nur gegen Underdog Costa Rica, sondern vor allem um den Einzug ins WM-Achtelfinale. Erreicht die Mannschaft von Bundestrainer Hansi Flick die Runde der letzten sechzehn, hätte sie zumindest ihr Minimalziel erreicht. So gesehen könnte es ein normales finales Gruppenspiel werden. Wird es aber nicht. Denn es pfeift eine Frau. Das hat es bei einer Fußball-WM der Männer noch nie gegeben.

Erstklassige Spielleiterin

Am Dienstagabend betraute die Fifa-Schiedsrichterkommission Stéphanie Frappart mit der Leitung der Begegnung. Die 38-jährige Französin ist eine von drei Schiedsrichterinnen bei dieser WM. Lange musste sie auf ihren ersten Auftritt in dem Turnier warten. Kurz vor Ende der Gruppenphase ist es nun so weit. Frappart bringt eine Menge Erfahrung mit, gilt bei den Frauen und Männern als erstklassige Spielleiterin, als natürliche Autorität auf dem Platz, wie man so schön sagt. Auf der Nase herumtanzen lässt sich die 1,69 Meter große Französin nicht.

Abgeschottet vom Rauschen im Internet

Sich in der nach wie vor so dominanten Männerwelt des Fußballs behaupten? Frappart hat dies schon zur Genüge getan. Seit 2019 pfeift sie Spiele in der französischen Ligue 1. Auch da war sie Vorreiterin. Hinzu kommen Einsätze in der Champions League der Männer sowie eine Begegnung in der WM-Qualifikation.

Stéphanie Frappart hatte bereits vor dem Turnier angekündigt, sich abschotten zu wollen. Das Rauschen und Stürmen im Internet, den Wirbel um ihre Person vor dem Deutschland-Spiel gegen Costa Rica bekommt sie eigenen Angaben zufolge gar nicht mit. „Ich bin nicht in den sozialen Netzwerken aktiv“, sagte Frappart bei ihrer Vorstellung. „Ich möchte da nicht in alles hineingezogen werden.“

Fußballbegeistert war Stéphanie Frappart schon als Kind. Sie wuchs im Departement Val-d’Oise nördlich von Paris auf, spielte in einem Verein, im Mittelfeld. Als Jugendliche ließ sie sich zur Schiedsrichterin ausbilden, konzentrierte sich vom 18. Lebensjahr an nur noch darauf. Das aktive Kicken ließ sie sein. „Ich wollte einfach die Regeln besser kennenlernen“, sagte Frappart einmal. Die Rolle als Spielleiterin gefiel ihr immer besser. Während sich das fußballerische Talent offenbar in Grenzen hielt, wie die 38-Jährige vor der WM mit einem Augenzwinkern betonte. „Aus Sicht der Fans ist es sicher besser, dass ich pfeife, anstatt zu spielen.“

Ihre Kolleginnen müssen weiter warten

Der Weltfußballverband hat neben 69 Assistenten und 24 Video-Offiziellen insgesamt 36 Unparteiische für die Endrunde in Katar nominiert. Darunter Stéphanie Frappart und ihre Kolleginnen. Salima Mukansanga aus Ruanda und Yoshimi Yamashita aus Japan wurden bislang noch nicht eingesetzt. Sie müssen weiter warten, während die Französin an diesem Donnerstagabend im Rampenlicht der Weltöffentlichkeit steht – und das in einem Land mit seiner sehr konservativen Ausprägung des Islam und den Traditionen der Beduinen. Ein Land, in dem die Rollen in der Regel klar verteilt und Frauenrechte eingeschränkt sind. Ein Land, in dem Frauen allenfalls die zweite Geige spielen. Wenn überhaupt.

Nun hat ausgerechnet in diesem Land beim Gruppenspiel Deutschland gegen Costa Rica in Stéphanie Frappart eine Frau das Sagen. Auch das macht diese WM-Premiere so besonders. „Sie hat es sich mit ihren Leistungen verdient“, sagte Bundestrainer Hansi Flick am Mittwoch in Doha. „Wir freuen uns, dass sie pfeift, und haben absolutes Vertrauen.“

Frappart bricht in die männliche Phalanx ein

„Ich fühle wie eine Frau“, hatte Fifa-Präsident Gianni Infantino mit Verweis auf seine vier Töchter während seiner skurrilen Pressekonferenz und One-Man-Show einen Tag vor dem Eröffnungsspiel gesagt. Der Schweizer wollte damit wohl seine Solidarität zum Ausdruck bringen. Frauen, das zeigen die ersten elf Tage Fußball-Weltmeisterschaft in Katar, haben es schwer bei dieser klar von Männern dominierten Veranstaltung am Persischen Golf. Stéphanie Frappart bricht nun ein die Phalanx. Sie betont: „Das wird sehr emotional.“ Die 38-Jährige wird im Al-Bayt-Stadion in Al-Khor nicht nur für sich auf das Feld gehen, sondern auch für alle anderen Schiedsrichterinnen in der Welt.

Datenschutz-Einstellungen