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Hansi Flick und die Vertrauensfrage

Nach dem blamablen WM-Aus in Katar hat der Bundestrainer am Mittwoch mit dem DFB-Präsidenten Bernd Neuendorf und dessen Stellvertreter Hans-Joachim Watzke über seine Zukunft gesprochen – mit völlig offenem Ausgang.

  • Fußball-Bundestrainer Hans-Dieter  „Hansi“ Flick   verlässt am 7. Dezember nach dem Krisengespräch das Hotel in  Neu-Isenburg. 

Foto: dpa/Boris RoesslerFoto:  

    Fußball-Bundestrainer Hans-Dieter „Hansi“ Flick verlässt am 7. Dezember nach dem Krisengespräch das Hotel in Neu-Isenburg. Foto: dpa/Boris RoesslerFoto:  

Irgendwann im Laufe des Tages war die Geheimhaltungsstufe, die der Deutsche Fußball-Bund (DFB) für den Mittwoch angesetzt hatte, nicht mehr ganz so hoch. Zunächst sickerte der mysteriöse Ort des Gipfeltreffens durch, bei dem der Bundestrainer Hansi Flick den DFB-Präsidenten Bernd Neuendorf und dessen Stellvertreter, den Vizepräsidenten und Liga-Aufsichtsratschef Hans-Joachim Watzke treffen sollte. Gegen 14.30 Uhr trudelte mit Flick der letzte der drei Teilnehmer ein – an einem einem ganz und gar nicht mysteriösen Ort: dem Fünfsternehotel Kempinski Gravenbruch zu Neu-Isenburg.

Dort, vor den Toren Frankfurts also, wo Flick die Nationalmannschaft zuletzt im September auf die Nations-League-Spiele gegen Ungarn (0:1) und in England (3:3) vorbereitet hatte, kam es nun in vertrauten Räumlichkeiten zum mit Spannung erwarteten Krisengipfel nach dem blamablen WM-Aus in Katar. Die Konstellation vor dem Gespräch glich dabei ja der gängigen Ausgangslage vor einem Fußballspiel: Man weiß nicht, wie es ausgeht.

Wirft der Bundestrainer aus Enttäuschung hin?

Flicks Zukunft blieb dann zumindest bis zum frühen Mittwochabend offen. Flick verließ um 17 Uhr das Luxushotel, ansonsten drang vorerst nichts nach außen. Drinnen war es ja von Beginn an um die großen Fragen rund um Flick und die DFB-Elf gegangen: Wirft der Bundestrainer also aus Enttäuschung über das Aus seines Vertrauten Oliver Bierhoff noch vor dem Vertragsende 2024 hin? Oder hat er andersherum gedacht nach dem WM-Desaster das Vertrauen der Chefs Neuendorf und Watzke verloren?

Am Montagabend hatten sich der DFB und der Geschäftsführer Oliver Bierhoff auf die Auflösung des Vertrages geeinigt. Bierhoff war der engste Vertraute Flicks. Der Coach beklagte nach Bierhoffs Demission wortreich den Verlust seines Verbündeten.

Offenbar keine Bestrebungen, Flick zu entlassen

Klar schien nun aber vor dem Gipfel mit Watzke und Neuendorf dies: Trotz ist für Flick kein guter Ratgeber. Denn hätte er auf stur geschaltet und bei der Nachfolgeregelung für Bierhoff gar ein gewichtiges Wort mitreden wollen, hätte ihm das in den Verhandlungen eher geschadet denn genutzt.

Dabei gab es im Verband, wie zu hören ist, intern keine Bestrebungen, Flick zu entlassen – trotz einiger gravierender Fehler bei der WM wie etwa falschen Ein-und Auswechslungen sowie der fehlenden Souveränität nach außen inmitten der Konfliktfelder mit dem Weltverband Fifa.

Manche vermissen bei Flick Konfliktbereitschaft

Flick wusste genau, dass er aufgrund des krachenden Scheitern bei der WM nicht aus einer Position der Stärke heraus zum Gespräch in Neu-Isenburg erscheinen würde. Watzke und Neuendorf wiederum waren sich einig, dass Flick einen neuen starken Mann als Manager der DFB-Elf an seiner Seite akzeptieren muss, wenn er seinen Job behalten will. Eine der großen Fragen des Mittwochs war ja dann mit Blick auf Flicks Vita diese: Neigt der Heidelberger wieder einmal zu einem ähnlichem Handeln wie bei seinen Demissionen als Sportdirektor des DFB im Januar 2017, als Geschäftsführer bei der TSG Hoffenheim im Februar 2018 und als Trainer des FC Bayern 2021? Da stieg er jedes Mal aus freien Stücken trotz laufenden Vertrages vorzeitig aus.

Manche Beobachter bewerteten Flicks Handeln nach jeweiligen Dissonanzen mit maßgeblichen Mitarbeitern hinterher als aufrecht, charakterstark und konsequent. Nicht wenige sprachen dagegen davon, dass Flick generell eine viel zu geringe Konfliktbereitschaft mitbringe. Und dass er zu schnell zu stur in seinem Denken sein könne. Dass er geradezu in dieser Sturheit und dem Beleidigtsein gefangen sei, wenn die Dinge nicht so laufen, wie er sie sich vorstellt.

Flick braucht eine Wohlfühloase

Fakt ist: Flick braucht Vertrauen und vertraute Menschen um sich herum, um arbeiten zu können und zu wollen. So tickt er. Flick braucht eine Wohlfühloase, in der es vor Verbündeten nur so sprudelt. Das ist Quell seiner Kraft, denn nur dann blüht er auf. Ansonsten verwelkt Flick innerlich, und das schnell.

Was also genau besprochen wurde am Mittwoch in Neu-Isenburg, dürfte viel mit Vertrauen und gegenseitigem Respekt zu tun haben. Ob beide Parteien, also Watzke und Neuendorf sowie Flick der jeweils anderen nun noch genügend Vertrauen signalisiert haben? Das zumindest war bis zum frühen Mittwochabend nicht klar.

Passenderweise sind nun für diesen Donnerstag und Freitag die DFB-Aufsichtsratssitzung sowie die Präsidiums- und Vorstandssitzung des Verbandes anberaumt. Es sind turnusgemäße Veranstaltungen, auf denen nun außerplanmäßige Namen auf die Tagesordnung kommen. Und in denen entweder die Entscheidung über den Bundestrainer Hansi Flick verkündet und begründet – oder womöglich erst getroffen werden könnte.

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