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Die Herkulesaufgabe des Hansi Flick

Bundestrainer Hansi Flick darf weitermachen – und muss aus den Fehlern, die er bei der WM gemacht hat, schnell lernen. Ein Kommentar von unserem Redakteur Marco Seliger.

  • Hansi Flick muss seine Lehren aus dem WM-Aus ziehen.Foto: AFP/INA FASSBENDER

    Hansi Flick muss seine Lehren aus dem WM-Aus ziehen.Foto: AFP/INA FASSBENDER

Knapp zweieinhalb Stunden dauerte die Besprechung in einem Luxushotel nahe Frankfurt, am Ende war die Sache klar: Bundestrainer Hansi Flick darf weitermachen. Und er will weitermachen. Beides war nach dem peinlichen Ausscheiden der DFB-Elf bei der Weltmeisterschaft in Katar offen. Was nun in der blumigen DFB-Mitteilung vom Mittwochabend so einfach klingt, ist allerdings deutlich komplizierter gelagert.

Für Flick immerhin spricht es, dass er beim Gipfel mit den Verbandschefs Neuendorf und Watzke nicht auf stur geschaltet und nach dem Ende der Amtszeit seines Vertrauensmannes Oliver Bierhoff hingeschmissen hat. Wer Flicks bisweilen sturen Charakter kennt, weiß, dass da jemand über seinen Schatten gesprungen ist.

Zweite Chance

Flick aber, das ist die Kernbotschaft nach der Entscheidung, muss froh sein, dass er mit Blick auf die Heim-Europameisterschaft 2024 eine zweite Chance erhält. Denn eine Entlassung wäre nach den Eindrücken, die er und sein Team in der Wüste hinterließen, gerechtfertigt gewesen. Dieses Szenario ist nicht eingetreten – auch, weil die Traumlösung namens Jürgen Klopp noch immer nicht realisierbar ist.

Flicks Fehlerliste von Katar ist lang. Er handelte auf einigen Positionen nicht nach dem Leistungsprinzip und nahm zu sehr auf alte Seilschaften Rücksicht. So werden die Gründe für Thomas Müllers Startelfeinsatz gegen Costa Rica im letzten Gruppenspiel sein Geheimnis bleiben. Flick lag mit weiteren Aufstellungen sowie einigen Ein-und Auswechslungen daneben. Obendrein agierte er im Umgang mit dem Weltverband Fifa und den Konfliktfeldern namens One-Love-Binde sowie der von einem Spieler geschwänzten Pressekonferenz vor der Partie gegen Spanien höchst unsouverän.

Zeit von Müller ist vorbei

Flick muss künftig Vieles besser machen und die Dinge konsequenter anpacken. Wo zum Ende der Amtszeit seines Vorgängers Joachim Löw lähmender Stillstand herrschte, muss er nun entschlossen handeln. So ist es an ihm, Thomas Müller mitzuteilen, dass seine Zeit bei der DFB-Elf nach drei Turnieren mit miserablen Leistungen vorbei ist – und nicht zu warten, bis der Weltmeister sich irgendwann selbst zu einem Rücktritt durchringt.

Flick muss in Richtung EM 2024 wieder eine Aufbruchstimmung im Land erzeugen. Und so ganz nebenbei auch noch ein Team formen, das wieder titelfähig ist. Auf den Coach wartet nicht weniger als eine Herkulesaufgabe. Denn nicht nur beim großen Tanker DFB muss sich übergeordnet einiges ändern – auch der Bundestrainer muss die Dinge neu denken und entwickeln.

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