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Das macht die Marokkaner so stark

Marokko ist das Überraschungsteam dieser WM. Die Nordafrikaner überwinden alte Gräben und werden in Katar und in der Heimat von einer Welle der Euphorie getragen.

  • Pure Emotionen: die Marokkaner nach ihrem Sieg gegen Spanien.Foto: imago/IMAGO/JuanJo Martín

    Pure Emotionen: die Marokkaner nach ihrem Sieg gegen Spanien.Foto: imago/IMAGO/JuanJo Martín

In der historischen Stunde des Triumphs waren die Reporter aus Marokko keine Reporter mehr, sondern nur noch Fans, die ihre Lieblinge anhimmeln. Und so geriet die Pressekonferenz nach dem 3:0 im Elfmeterschießen gegen Spanien zu einer mitunter skurrilen Huldigung der Fußballhelden. Fragen stellten die Journalisten aus Marokko jedenfalls nicht. Sie ließen stattdessen ihren Emotionen, der grenzenlosen Begeisterung, freien Lauf, bedankten sich mehrfach bei Trainer Walid Regragui und Torwart-Held Bono.

Journalisten applaudieren den Spielern

Diese wiederum, ebenfalls ganz mit Glück erfüllt, applaudierten den Reportern. Spieler, Trainer, Berichterstatter waren eins in diesem Moment. „Sie haben allen Marokkanern den glücklichsten Tag ihres Lebens geschenkt. Ich habe Tränen in den Augen, wenn ich das sage“, sagte einer der Medienschaffenden zu Keeper Bono. Der Torwart des FC Sevilla hatte alle drei Elfmeter der Spanier abgewehrt, war der Matchwinner im ausverkauften Hexenkessel Education City Stadium in Doha. Die Ovationen aus dem Presseraum nahm der 31 Jahre alte Schlussmann selbst mit Tränen in den Augen entgegen.

Keine Frage: Marokkos Sieg gegen den Weltmeister von 2010 und der damit verbundene Einzug ins Viertelfinale bei der WM in Katar geht in die Geschichte des Landes ein, das sich bisher nie so richtig darauf verständigen konnte, wer denn nun ein echter Marokkaner ist und wer es verdient hat, für die Nationalelf zu spielen. Nur jene Profis, die auch in Marokko geboren wurden oder auch die Kicker mit marokkanischen Wurzeln, die im Ausland aufgewachsen sind? Trainer Walid Regragui, selbst in Frankreich groß geworden, erklärte die Diskussion nach dem Elfmeterdrama gegen Spanien für beendet, die Gräben für überwunden. „Heute ist jeder, der zur Nationalmannschaft kommt, bereit, für Marokko zu sterben“, sagte der 47-Jährige martialisch und fuhr fort: „Ich merke das an mir: Ich bin in Frankreich geboren. Aber niemand kann mir mein marokkanisches Herz nehmen.“

Sabiri hat auch einen deutschen Pass

Etliche Spieler, die sich gegen Spanien für ihr Team zerrissen, besitzen die doppelte Staatsbürgerschaft. Achraf Hakimi etwa, der den entscheidenden Elfmeter verwandelte. Der Rechtsverteidiger, der zwei Jahre für Borussia Dortmund spielte und derzeit auf der Gehaltsliste von Paris Saint-Germain steht, ist als Sohn marokkanischer Eltern in Madrid geboren und in Spanien aufgewachsen. Mittelfeldspieler Abdelhamid Sabiri besitzt auch einen deutschen Pass. Er wuchs in Frankfurt auf, lief für Koblenz in der Regionalliga, für Paderborn in der Bundesliga sowie für Darmstadt und Ingolstadt in Liga zwei auf, hat sogar viermal für die U  21 Deutschlands gespielt. Sein Debüt für Marokkos A-Nationalmannschaft gab der 26-Jährige erst im vergangenen September. Er sagte nach der magischen Nacht von Doha mit einem Strahlen in den Augen: „Wir versuchen alle Marokkaner glücklich zu machen – und uns.“

Das gilt natürlich auch für das Viertelfinale: An diesem Samstag (18 Uhr/ARD) treffen die laufstarken und leidenschaftlich kämpfenden Marokkaner auf Portugal. Noch nie ist ein Team aus Afrika bei einer Fußball-WM über das Viertelfinale hinausgekommen.

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