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Besiegt Frankreich den Weltmeister-Fluch?

Als Titelverteidiger angereist – und dann früh gescheitert. Das ist nicht nur der deutschen Mannschaft schon passiert. Auch den Franzosen, die als amtierender Champion am Dienstag gegen Australien ins Turnier einsteigen. Doch diesmal soll alles anders werden

  • Übersteht Frankreich diesmal die Vorrrunde?Foto: imago/DeFodi/Roland Krivec/DeFodi.de

    Übersteht Frankreich diesmal die Vorrrunde?Foto: imago/DeFodi/Roland Krivec/DeFodi.de

Ausgerechnet Heung-min Son. Der Mann, der für den Hamburger SV und Bayer Leverkusen auch einmal in der Bundesliga stürmte, ließ dem deutschen Nationaltorwart Manuel Neuer keine Chance und traf zum 2:0 für Südkorea. Es lief bereits die Nachspielzeit. Wenige Augenblicke später war das Spiel aus. Für die DFB-Elf auch im übertragenen Sinn. Die Deutschen waren raus, die WM in Russland 2018 schon vorbei, bevor sie so richtig begonnen hatte. Nach der Vorrunde. Was war das für eine Schmach für die stolze Fußball-Nation, die sich vier Jahre zuvor nach dem Titelgewinn in Brasilien noch in den Armen gelegen hatte und nicht wusste, wohin mit ihrer Freude.

Viele Titelverteidiger legte eine Bruchlandung hin

Mit dem frühen Scheitern reihte sich das Team von Bundestrainer Jogi Löw ein in die Reihe derer, die als Titelverteidiger rasch die Segel hatten streichen müssen. Brasilien (1966), Italien (2010), Spanien (2014) und Frankreich (2002) legten ebenfalls passable Bruchlandungen hin, reisten enttäuscht, ja gedemütigt nach Hause. Die Franzosen sogar als amtierender Welt- und Europameister. Mit stolzgeschwellter Brust waren Les Bleus um Superstar Zinedine Zidane Anfang des Jahrtausends zur WM nach Japan und Südkorea geflogen, um intern völlig zerstritten und außer Form, den Kürzeren zu ziehen. In seinen drei Vorrundenspielen gelang dem Topfavoriten 2002 kein Treffer. Vier Jahre später in Deutschland erreichte Frankreich das Finale, verlor dieses nach Roter Karte für Zidane und Elfmeterschießen gegen Italien. 2018 standen unsere Nachbarn dann wieder ganz oben. So kann es gehen. Mit dem Endspielerfolg gegen Kroatien war man zum zweiten Mal Fußball-Weltmeister.

Zur WM-Endrunde in Katar ist Frankreich nun also erneut als Titelverteidiger gefahren – und damit zwangsläufig als einer der großen Favoriten. Doch die Stimmung vor dem ersten Auftritt am Dienstag gegen Australien (20 Uhr/ZDF und Magenta TV) ist recht gedämpft. Was auch und vor allem an den personellen Sorgen liegt. Der Ausfall von Stürmerstar Karim Benzema, dem Weltfußballer, der seinen Klub Real Madrid im Frühjahr im Alleingang zum Champions-League-Sieg geschossen hat, wiegt schwer. Vor zwei Tagen musste er nach anhaltenden Oberschenkelproblemen das Training abbrechen. Nichts ging mehr. Inzwischen ist Benzema schon wieder aus Katar abgereist. Sein Team muss ohne den 33-Jährigen klarkommen. Doch der Gigant von Real Madrid ist nicht der einzige Ausfall. Verzichten müssen die Franzosen zudem auf die verletzten Stammkräfte N’golo Kante (FC Chelsea), Paul Pogba (Juventus Turin) und Presnel Kimpembe (Paris Saint-Germain ) sowie Christopher Nkunku von RB Leipzig.

Nationaltrainer Didier Deschamps, als Spieler und Coach Weltmeister, gibt vor dem Start in Katar dennoch den Optimisten. Wohl wissend, dass er sich aus einem schier unerschöpflichen Fundus an hochtalentierten Kräften bedienen kann. Kaum ein Land bildet so viele Topspieler aus wie Frankreich. Siehe Randal Kolo Muani, der für Christopher Nkunku (Innenbandschaden im Knie) nachnominiert wurde. Der 23-Jährige pfeilschnelle und durchsetzungsstarke Stürmer mischte in den vergangenen Wochen mit Eintracht Frankfurt die Bundesliga auf, zog mit den Hessen ins Achtelfinale der Königsklasse ein. Inzwischen sind etliche Topklubs auf den jungen Mann aufmerksam geworden. Dabei hat Muani noch nicht einmal das klassische französische Ausbildungssystem mit einem Aufenthalt in Clairefontaine, dem gelobten Leistungszentrum des nationalen Fußballverbands IFF, durchlaufen.

Trainer Deschamps also ist nicht bange vor dem Match gegen Außenseiter Australien am Dienstag im Al Janoub Stadion in Al-Wakrah. Trotz der großen Verletzungssorgen fürchtet er sich nicht vor einem etwaigen Weltmeister-Fluch. „Wir denken nicht darüber nach, was sein könnte. Es gibt diese Statistik, aber unser Team hat seine eigene Reise vor sich“, sagte der 54-Jährige in einer Pressekonferenz am Montag in Doha. Immerhin: Heung-min Son und Südkorea, die 2018 den Titelverteidiger Deutschland nach Hause schickten, können den Franzosen zunächst nicht gefährlich werden. Die Asiaten spielen in einer anderen Gruppe.

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