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Tief Luft holen und Kräfte sammeln

Nach seiner Premiere bei der Tour de France hat der Vaihinger Radprofi Alexander Krieger einige Zeit fürs Entschleunigen gebraucht. Touren in der näheren Umgebung bestimmten das Trainingsprogramm. Morgen greift er bei der Straßenrad-EM in München an.

  • Der Vaihinger Alexander Krieger hat bei der Tour de France zwei Etappensiege für sein Team Alpecin-Deceuninck vorbereitet. Danach war erstmal Entschleunigen angesagt. Foto: Roth

    Der Vaihinger Alexander Krieger hat bei der Tour de France zwei Etappensiege für sein Team Alpecin-Deceuninck vorbereitet. Danach war erstmal Entschleunigen angesagt. Foto: Roth

Radsport. Körperliche Anstrengung ist er gewöhnt. „Aber bei der Tour de France ist immer noch ein bisschen mehr los als bei anderen Radrennen“, sagt Alexander Krieger. Der 30 Jahre alte Radprofi aus Vaihingen war zum ersten Mal bei der Tour dabei. Danach hat er ein paar Wochen gebraucht – Entschleunigen heißt das Stichwort. „Da bin ich erstmal nicht so viel Rad gefahren“, berichtet er. „Ich habe mal mit Freunden was gemacht, mich einfach mal um nicht so viel gekümmert. Aber jetzt trainiere ich wieder gut.“ Und morgen startet er bei der Straßenrad-EM.

Im Rahmen der European Championships wird morgen unter anderem das Straßenrennen ausgetragen. Mit dabei: Team Alpecin-Deceuninck und Alexander Krieger. Über 209 Kilometer geht es von Murnau am Staffelsee über Walchensee und Starnberger See bis nach München, wo zum Abschluss fünf Runden durch die Innenstadt anstehen, ehe der Sieger die Ziellinie überquert. „Es scheint mir ein schöner Kurs zu sein“, sagt Krieger. Der 30-Jährige ist heiß auf das Rennen. Dafür war es wichtig, zuletzt ganz bewusst eine Pause eingelegt zu haben. „Inzwischen trainiere ich wieder gut, muss ich ja auch, und es ist auch gutes Wetter“, berichtet der Vaihinger. „Zum Teil bin ich auch mit alten Bekannten von früher gefahren.“ Dazu zählt unter anderem Nikodemus Holler aus Eberdingen. „Von hier aus kann man in alle Richtungen fahren“, sagt Krieger. „Mal geht es den Neckar entlang, mal in die Löwensteiner Berge oder in den Schwarzwald. Manchmal auch gar nicht so weit weg.“ Als Radprofi, der sich fit halten will, braucht er keine großen Entfernungen – der Weg ist das Ziel.

Bislang ist in diesem Jahr vieles gut gelaufen für den Vaihinger, der für das belgische Team Alpecin-Deceuninck in den Sattel steigt. „Seit Anfang, Mitte April war alles sehr eng getaktet“, sagt Krieger. „Es gibt nur einen schmalen Grat zwischen ,es läuft‘ und dass der Körper nicht mehr mitmacht.“ Doch dieses Mal hatte er kaum körperliche Probleme. „Komplett verschont geblieben bin ich nicht“, sagt Krieger. Aber zuletzt fuhr er den Giro d’Italia, dem ein Höhentrainingslager vorausging und nach dem nächsten Trainingslager die Tour de France folgte. „Dazwischen bin ich die Belgien-Rundfahrt und die DM gefahren“, ergänzt er.

Berühmte Rennen wie den Giro und auch die Vuelta a España – in diesem Jahr vom 19. August bis zum 11. September – kennt Krieger schon, die Tour de France war für ihn Neuland. „Von der Fahrweise sind sie schon ein bisschen unterschiedlich“, fasst er zusammen. „Jedes Rennen ist ultra hart und drei Wochen sind auch verdammt lang. Aber bei der Tour ist die Leistungdichte einfach nochmal größer. Und sie ist kontinuierlich schnell. Bei den anderen Rennen wechseln sich schnellere auch mal mit etwas ruhigeren Tagen ab. Ruhig gibt es aber bei der Tour nicht, und dadurch ist die Ermüdung noch größer.“ Rein jahreszeitlich habe man bei Tour und Vuelta üblicherweise mehr mit der Hitze zu kämpfen als beim Giro, sagt Krieger. „Das war dieses Mal aber auch anders“, erinnert er sich an die Italien-Rundfahrt unter sengender Maisonne. Doch abseits vom Sportlichen gebe es bei Giro und Vuelta „deutlich weniger Stress neben dem Rennen“, sagt der 30-Jährige. „Man kann später am Hotel losfahren und ist näher am Parkplatz. Bei der Tour ist viel mehr drumrum. Darum sagen auch manche Profis, sie fahren lieber Giro und Vuelta, abe sie haben keinen Bock mehr auf die Tour.“ Die Frankreich-Rundfahrt bekomme eben die weitaus größte Aufmerksamkeit. „Es gibt immer irgendwelche Events“, sagt Krieger.

In sportlicher Hinsicht kann der Vaihinger, der jede Rennteilnahme selbstkritisch beurteilt, zufrieden sein mit dem Auftritt seines Teams bei der Tour – und auch mit dem eigenen bei seinem Debüt. „Man will immer das bestmögliche herausholen, aber ich kann sagen: Ich habe es ganz gut gemacht“, berichtet Krieger. „Wenn Jasper Philipsen in der Position war, zum Sieg zu sprinten, dann habe ich einen guten Job gemacht.“ Denn er war es, der kurz vor Schluss die Vorarbeit zu leisten hatte, damit sein Team zum Erfolg kommt. „Da sind aber natürlich noch fünf, sechs andere aus dem Team davor, die auch schon viel Arbeit gemacht haben“, sagt Krieger. „Man muss ja erst mal in die Position kommen, dass wir am Schluss überhaupt den Sprint machen können.“ Und das hat hervorrangend funktioniert. Zwei der insgesamt vier Sprintwertungen bei der Tour de France gingen an das Team Alpecin-Deceuninck. „Da war ich über die drei Wochen eine Konstante, und Jasper wusste, dass er jemanden hat, dem er vertrauen kann“, sagt Krieger über seinen eigenen Anteil an den zwei Etappensiegen.

Dass sich nicht jede Hoffnung bei dem Großevent erfüllt hat – und auch nicht jede sich bietende Chance genutzt wurde – sei völlig normal. „Manchmal fehlt ein bisschen Glück, manchmal macht man kleine Fehler“, sagt Krieger. Und außerdem müsse man der hohen Leistungsdichte Tribut zollen. „Du hast einen Plan“, sagt er. „Aber du weißt nicht, was die 150 anderen machen. Das ist immer ein bisschen unberechenbar.“ Umso glücklicher ist er über den doppelten Erfolg bei seiner Premiere.

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