Eigentlich sollte ein Gremium des Bundestags die Politik während der Pandemie aufarbeiten. Doch die Ampel-Koalition konnte sich bislang nicht auf das Verfahren einigen. Die Tübinger Notärztin Lisa Federle hält dies für einen schweren Fehler. „Ich finde es eine Katastrophe, wie man mit der Aufarbeitung von Corona umgeht“, sagte Federle im SWR-Videopodcast „Zur Sache intensiv“.
Sie habe Verständnis dafür, dass man in einer Notlage handeln und die Corona-Impfung schnell einführen musste. „Aber jetzt ist es so, dass wir längst Zeit haben könnten, um sämtliche Nebenwirkungen, sämtliche Zwischenfälle, sämtliche Folgen, Impfschäden und so auch zu erheben und die auszuwerten und den Leuten das auch ehrlich weiterzugeben. Und da fehlt mir schon der Wille.“ Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hält sie vor, sich mehr um die Legalisierung von Cannabis zu kümmern als um Corona.
Federle machte „Tübinger Modell“ bekannt
Federle hatte während der Corona-Pandemie mit ihrem Team das „Tübinger Modell“ bundesweit bekannt gemacht. Dabei waren mit einem negativen Corona-Test schon früh in der Pandemie etwa Außengastronomie oder Kulturvorführungen erlaubt. In diesem Zusammenhang lobte Federle immer wieder die Zusammenarbeit mit Boris Palmer als Oberbürgermeister. Das kostenlose Testen hatte Federle mit ihrem Team von ehrenamtlichen Helfern in Tübingen im November 2020 begonnen.
Schon früh hatte Federle auch eine klare Datenlage zu möglichen schweren Folgen der Corona-Impfung gefordert. Es könnte der Eindruck entstehen, dass bei den Impfungen gegen Covid-19 schwerwiegende Nebenwirkungen etwas öfter auftreten, sagte sie.
Die Corona-Politik verantwortete im Kern das Gesundheitsministerium, zur Zeit des Corona-Ausbruchs und der ersten Verbreitungswellen in Deutschland von Jens Spahn (CDU) geführt. Nach der Bundestagswahl 2021 übernahm Karl Lauterbach (SPD). Die Generallinie gab das Kanzleramt unter Angela Merkel (CDU) und dann Olaf Scholz (SPD) vor.