Er sei ein Kabarettist, heißt es über Josef Hader, der diesbezüglich auf jeden Fall über ein gerüttelt Maß an Erfahrung verfügt, seit er vor über vierzig Jahren mit seinem ersten Kabarettprogramm die Bühnen niederösterreichischer Gaststätten bestieg. Er spiele Kabarett, erwähnt Hader auch selber gleich mehrfach am Freitagabend im Stuttgarter Theaterhaus, wo er zum ersten der vier Abende, an denen er sein Programm „Hader on Ice“ präsentiert, in den randvoll gefüllten großen Saal blicken darf. Und kurz fragt man sich da, warum man das wohl in Zweifel ziehen möge. Vielleicht, weil er in den gut zwei Stunden in keiner einzigen Sekunde die Irrungen und Wirrungen der österreichischen Innenpolitik erwähnt, über die man gewiss mühelos ein zweistündiges Programm zusammenzimmern könnte; und vielleicht eben auch, weil man von den öffentlich-rechtlichen deutschen Lach- und Schießbudenfigurensendungen etwas abgeschreckt sein könnte, die unter dem Rubrum Kabarett dem Irrglauben Vorschub leisten, dass die Menschheit sich für nichts brennender interessiert als für die deutsche Innenpolitik.
Mit Comedians hat das nichts zu tun
Nein, ein so genanntes politisches Kabarett will Josef Hader nicht bieten, ebenso wenig wie er sich der Gefahr aussetzt, in irgendeiner Weise den Plump- und Seichtheiten jener Spaßvögel nacheifern zu wollen, die sich hierzulande Comedians schimpfen. Deren Tun immerhin streift er in seinem Programm immerhin kurz in einem jener zahlreichen Momente, in denen er ebenso abrupt wie gekonnt zwischen den Themen so lange herhüpft, bis man sich am Ende des Abend fragt, über welche Bevölkerungsgruppen er nun eigentlich keinen Kübel Spott ausgeschüttet hat und über welche Zeitgeistphänomene er nun nicht mit einer bezaubernden Mischung aus beißendem Sarkasmus und aufrichtigem Mitgefühl hergezogen wäre. An den Haaren herbeigezogen ist dabei allerdings nichts: in der ersten Stunde geht es unter anderem um Gutmenschen und Hasstiradenschwinger, neureiche SUV-Fahrer und Bettler, Verschwörungsschwurbler und einen seltsamen Wolf in Menschengestalt, der gerne Carpaccio isst - ehe sich Hader mit einer perfekt getimten Schlusspointe in die Pause verabschiedet. Danach ist unter anderem die Trias aus „Internisten, Feministen und Fagottisten“ dran, es wird ein Spannungsfeld zwischen Tantramassagen und Paolo Coelho ausgelotet und noch ein wenig über das Wesen des Niederösterreichers sinniert, ehe schließlich der komische Wolf wieder auftaucht und Josef Hader in der Schlusspointe nach einem langen, hochverdienten Applaus einen Bogen vom Ende zum Anfang schlägt, der so grandios zündet, dass er hier natürlich auf keinen Fall verraten werden darf.
Kein Grund zu hadern
Dem amerikanischen Musiker Bob Dylan gleich zieht der zigfach prämierte österreichische Komödiant Hader, wenn er nicht gerade einen seiner durch die Bank sehenswerten Filme dreht, in einer Art „Never Ending Tour“ mit diesem ständig aktualisierten Programm durch die deutschsprachigen Lande, seit 2021 hat er „Hader on Ice“ im Repertoire und dies auch schon in Stuttgart präsentiert, bis ins Frühjahr 2026 sind weitere Abende (unter anderem noch zwei im April im Theaterhaus) angesetzt. Nicht verpassen, so versponnen und doch so intellektuell, so feinsinnig und doch so brüllend komisch wie hier kriegt man Kabarett selten bis nie serviert.