Politik

EU will Gewinne der Stromerzeuger abschöpfen

Brüssel versucht, die Verbraucher in Europa zu entlasten, indem Krisengewinne von Energiekonzernen abgeschöpft werden. Gestritten wird weiter um einen Preisdeckel für Gas.

  • Wirtschaftsminister Robert Habeck (rechts) im Gespräch mit dem ungarischen Außenminister Peter Szijjarto.Foto: dpa/Virginia Mayo

    Wirtschaftsminister Robert Habeck (rechts) im Gespräch mit dem ungarischen Außenminister Peter Szijjarto.Foto: dpa/Virginia Mayo

Kaum haben sich die Türen zum Verhandlungsraum geschlossen, dringt die Meldung nach außen, dass die EU-Energieminister am Freitag in Brüssel beschlossen haben, dass Energieunternehmen künftig einen Teil ihrer Krisengewinne an den Staat abgeben müssen. Die Konzerne sollen sich mit einer milliardenschweren „Solidaritätsabgabe“ beteiligen. Mit diesem Geld sollen die Verbraucher entlastet werden.

Die Nachricht überraschte nicht mehr: „Das Modell, das die Kommission vorschlägt, ist eins, dem wir zustimmen können“, hatte Wirtschaftsminister Robert Habeck vor dem Treffen signalisiert. Dieses Konzept habe Deutschland stark mitgeprägt, man bereite sich auf eine schnelle Umsetzung vor. Der Plan der EU-Kommission ist, den Abnahmepreis für Strom aus Erneuerbarer Energie, Atomkraft oder auch fossilen Energien mit der Ausnahme von Gas bei 180 Euro pro Megawattstunde zu deckeln. Die Differenz zu den höheren Verkaufspreisen an der Börse soll abgeschöpft werde. Beim Ausmaß soll aber jeder Staat Spielraum haben, worauf Deutschland gedrängt hatte.

Ein europaweiter Gaspreisdeckel scheint höchst unwahrscheinlich

Keinen Beschluss gab es zu einem seit Wochen heftig diskutierten Gaspreisdeckel. Kurz vor dem Gipfel hatten 15 EU-Staaten – erneut mit Nachdruck eine Obergrenze gefordert. Deutschland und einige andere Länder lehnen einen solchen Schritt aus Sorge um die Energiesicherheit ab. Es erscheint mehr als unwahrscheinlich, dass es zu einem europaweiten Gaspreisdeckel kommt.

Hinter verschlossenen Türen wird allerdings ein Kompromiss gesucht. Bundeswirtschaftsminister Habeck zeigte sich offen für einen Preisdeckel nur auf russisches Gas. Das müsse aber eng mit den südosteuropäischen Ländern abgestimmt werden, die noch viel Gas aus Russland beziehen. Dort dürfe es nicht zu Engpässen kommen. Ins Spiel kommen auch wieder gemeinsame europäische Gaseinkäufe. Die EU-Staaten hatten sich bereits im März darauf geeinigt, freiwillig zusammen Gas einzukaufen. Dafür wurde extra eine Plattform gegründet, die bislang jedoch praktisch nicht genutzt wird.

Nun betonte Habeck: „Wir können die Marktmacht Europas klug einsetzen.“ So könnten die Preise gedrückt werden. Vorteil einer gemeinsamen Einkaufsgemeinschaft sei, dass sie sofort umgesetzt werden könne. Insbesondere müsse mit befreundeten Ländern wie Norwegen, den USA und Algerien darüber geredet werden, dass die Preise nicht exorbitant steigen dürften. „Partnerschaft heißt nicht, dass man den einen ausbeuten kann“, sagte Habeck.

Kritik am deutschen Preisdeckel lässt Habeck nicht gelten

Die Kritik aus einigen EU-Mitgliedsstaaten, dass Berlin im eigenen Land einen Preisdeckel beschlossen habe, den es für Europa ablehnt, lässt der Minister nicht gelten. Der luxemburgische Energieminister Claude Turmes kritisierte ein „wahnsinniges Rennen zwischen Regierungen“, sich mit Entlastungspaketen zu übertrumpfen. Auch Belgien ist Diplomaten zufolge verärgert. Das hoch verschuldete Land hat bisher keine Entlastungen in ähnlicher Höhe wie Deutschland angekündigt und fürchtet Proteste im Herbst. Der scheidende italienische Regierungschef Mario Draghi warnte in Rom vor „gefährlichen und ungerechtfertigten Verzerrungen des Binnenmarktes“, wenn sich die EU-Staaten überböten. Europa müsse „in der Krise zusammenhalten“.

„Wir müssen den Gasverbrauch runterbringen“, sagte Habeck zu den Vorwürfen, „dazu brauchen wir weiter die Marktsignale.“ Der Preisdeckel in Deutschland betreffe nur den absoluten Grundverbrauch. Das bedeutet konkret, wer viel verbraucht, muss auch viel bezahlen.

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