Kultur

Bei Anruf Mord – oder auch nicht

Spannend bis zur letzten Sekunde: Das Krimistück „Bei Anruf Mord“ überzeugt im Alten Schauspielhaus.

  • Das behaglich-britisch ausstaffierte Wohnzimmer im Stil der 50er Jahre bietet die atmosphärische Kulisse des Krimistücks.Foto: TOBIAS METZ FOTOGRAFIE

    Das behaglich-britisch ausstaffierte Wohnzimmer im Stil der 50er Jahre bietet die atmosphärische Kulisse des Krimistücks.Foto: TOBIAS METZ FOTOGRAFIE

Max besucht seine Ex-Liebhaberin Sheila und erklärt ganz locker, er habe schon 52 Morde „hinter sich gebracht“. Nun ja, Max ist Krimiautor, aber im Alten Schauspielhaus geht es um einen echten Mord, im Kriminalstück „Bei Anruf Mord“.

Eifersucht und Gier sind mit im Spiel

Was für ein Titel! Drei Wörter bloß, aber in der Kombination hochverdichtet und absolut anziehend für jeden, der spannenden Grusel sucht. Der englische Originaltitel lautet: „Dial M for Murder“. Auch nicht schlecht. 1952 erschien das Bühnenstück von Frederik Knott, 1954 der Film von Alfred Hitchcock. Sheila und Tony scheinen ein makelloses Ehepaar zu sein. Doch Sheila hat Tony mit Max (Ralf Stech) betrogen, und sie weiß nicht, dass Tony das weiß, weil er einen Liebesbrief von Max an Sheila an sich gebracht hat. Die Affäre ist vorbei, als Max für ein Jahr nach New York geht. Jetzt ist er zurück und wird von Tony scheinheilig begrüßt. Thomas Halle spielt Tony als aalglatten, stets etwas angespannten Fiesling. Wohl aus Eifersucht, vor allem aber, um an das Geld seiner wohlhabenden Frau heranzukommen, heuert der Ehegatte für tausend Pfund einen Killer an, den abgehalfterten Offizier Lesgate (Paul Schaeffer). Wie Tony dem verschuldeten Lesgate den Mordplan en détail erläutert, hat eine Bösewichtigkeit, die beinahe vergnüglich wirkt.

Der Fiesling scheitert mit seinem Mordplan

Mit „Bei Anruf Mord“ eröffnete das Alte Schauspielhaus die vom 17.-31. März veranstalteten Stuttgarter Kriminächte 2023. Die Bühne präsentiert ein behaglich-britisch ausstaffiertes Wohnzimmer mit Kamin und schwarzem, sonor wie in Schwarz-Weiß-Filmen läutenden Telefonapparat. Die Herren tragen Fliege, Hut und Mantel, die Dame des Hauses (sympathisch klar: Kristin Hansen) trägt Kleider. Siegfried E. Mayer (Bühne und Kostüme) hat eine naturalistische Ausstattung der 50er Jahre in London gewählt, und das überzeugt, ästhetische Modernisierungen wären unnötig.

Bei allen perfekt vom Autor gestrickten Krimi-Vertracktheiten ist das Stück auch eine Psycho-Studie. Tony ist bei eher biederer Ausstrahlung ein durchtriebener Lügner und Manipulator, der Menschen skrupellos für seine Zwecke einspannt. Sein Mordplan aber geht nicht auf, er scheitert auf absolut überraschende Weise. Wie überhaupt dieses bestechend gebaute Stück immer wieder mit verblüffenden Wendungen aufwartet. „Ach, noch eine Frage“ kommt dann pseudo-harmlos aus dem Munde von Polizeiinspektor Hubbard, den Reinhold Weiser als absolut souveränen Kriminalen gibt. Es macht Spaß zu erleben, wie er das Ehepaar von einem Glatteis aufs nächste führt.

Überraschungen und elektrisierende Spannung bis zum Ende

Robin Telfer hat den Thriller in genau richtigem Tempo ohne Übertreibungen inszeniert, da stoßen klicken die Sätze der Dialoge in perfekter Klarheit aufeinander. Absolut fesselnd ist dieses Stück, zwischendurch kann man auch ein bisschen über manche verblüffende Logik lachen, und die letzten zehn Minuten klebt man, dem Ende entgegenfiebernd, vor atemberaubender Spannung geradezu im Sessel fest.

Weitere Aufführungen von 21. März bis 22. April, Altes Schauspielhaus.

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