Kultur

Aus dem Kessel auf die Weltbühne – davon träumt Neykid

Der Musiker Neykid aus Stuttgart möchte mit seiner Musik groß rauskommen. Damit sein Traum gelingt, investiert er jede freie Minute in die Musik – und komponiert Songs, die sein Inneres nach außen kehren. Am Freitag erscheint seine erste EP.

  • Neue Songs beginnen bei Angelo Fritsch mit einer guten Melodie. Bleibt diese mehrere Tage im Ohr hängen, schreibt er einen passenden Songtext.Foto: Lichtgut/Ferdinando Iannone

    Neue Songs beginnen bei Angelo Fritsch mit einer guten Melodie. Bleibt diese mehrere Tage im Ohr hängen, schreibt er einen passenden Songtext.Foto: Lichtgut/Ferdinando Iannone

  • Seine Songs sind ein Teil von ihm. Durch das Komponieren und Musikmachen verarbeitet er auch Ängste und denkt über seine Zukunft nach.Foto: Lichtgut/Ferdinando Iannone

    Seine Songs sind ein Teil von ihm. Durch das Komponieren und Musikmachen verarbeitet er auch Ängste und denkt über seine Zukunft nach.Foto: Lichtgut/Ferdinando Iannone

  • Das regelmäßige Musikmachen begann für Fritsch zuerst in der Schüler- später in der Uniband.Foto: Lichtgut/Ferdinando Iannone

    Das regelmäßige Musikmachen begann für Fritsch zuerst in der Schüler- später in der Uniband.Foto: Lichtgut/Ferdinando Iannone

Für John Lennon lässt sich der unglaubliche Erfolg der Beatles einfach erklären: „Wir waren nur vier Jungs. Ich traf Paul und fragte ihn, ob er in meiner Band mitmachen wollte, dann kam George, dann Ringo. Wir waren einfach eine Band, die dann groß raus kam. Das ist alles.“ Das klingt simpel, Musikgeschichte wird heute jedoch anders geschrieben. Klicks auf Streamingdiensten, Listungen in reichweitenstarken Playlisten, Präsenz in sozialen Medien und Auftritte auf Festivals – das ist die Währung der Branche.

Angelo Fritsch aus Stuttgart weiß das und verfolgt ein Ziel wie viele andere Nachwuchsmusiker: Er will mit seinen Indiesongs groß rauskommen. Seit er im vergangenen Jahr sein Politikstudium abgeschlossen hat, arbeitet der 26-Jährige daran jeden Tag.

Ziele setzen

Den Traum vom Musikmachen hat Fritsch, der in Filderstadt aufgewachsen ist, schon lange. Sein Großvater war Konzertmusiker, von ihm lernte er das Orgelspielen, bis er mit 14 Jahren zur Gitarre wechselte. Seine erste E-Gitarre bringt er zu unserem Treffen mit. Sie ist hellblau und von der Marke Duesenberg.

Sein Künstlername Neykid, ausgesprochen wie „näiked“, bedeutet „sich nackt machen“ und „bloß sein“. Ängste, die das Erwachsenwerden mit sich bringen, und Sorgen vor dem Scheitern verarbeitet er in seinen Songs. Die im März veröffentlichte Single „Insane“ steht für Selbstreflexion, hier geht es um das Gefühl, in sich selbst und seiner Umwelt gefangen zu sein und ausbrechen zu wollen. Der Song ist eine zeitgenössische Aufarbeitung des Indierocks und Synthiepops, mit denen viele Millennials aufgewachsen sind. Deutschland ist der drittgrößte Musikmarkt nach den USA und Großbritannien, die Konkurrenz, der sich Fritsch stellt, ist also groß. „Jeden Tag veröffentlichen viele Indiekünstler tolle Musik. Der Markt ist daher sehr hart umkämpft“, sagt Nina Kränsel von der Musikagentur Better Things, die Fritsch betreut. Zudem hätten es Künstler aus Deutschland schwerer, denn internationale Künstler stießen in Deutschland meist auf mehr Interesse. „Sich selbst abzugrenzen und Songs zu kreieren, die neu sind und neugierig machen, ist nicht einfach“, so empfindet es auch Fritsch selbst.

Seine Nische finden

Regelmäßig Bilder in den sozialen Medien zu posten und dort etwas Interessantes und Persönliches zu veröffentlichen, helfe, Fans zu gewinnen: „Wenn die mediale Aufmerksamkeit für eine Person groß genug ist, können Leute aus der Musikindustrie auf den Künstler aufmerksam werden“, erklärt Kränsel die Logik des Geschäfts. Ein Rezept für Erfolg gibt es jedoch nicht: „Man kann es vehement versuchen, und es kann doch nicht funktionieren.“

Bald kommt das erste Album

Ist der erste Song draußen, sollte der nächste nicht lange auf sich warten lassen. Nur wer regelmäßig neue Stücke in den Ring der Musikanbieter wirft, kann immer wieder in kuratierten Spotify-Playlisten erscheinen. Fritsch hofft, dass möglichst viele der fünf Songs seiner an diesem Freitag erscheinenden EP „Space“ genau dort zu finden sein werden. Der gleichnamige Song lädt zum Träumen ein, die Beats sind hier zurückhaltend und der Synthesizer dezenter: „Es ist nicht schlimm, sich manchmal zu verlieren, solange man im Herzen weiß, was einem wichtig im Leben ist. Diese Geschichte erzählt ‚Space‘“, erklärt Fritsch.

Den Start als Vollzeitmusiker ermöglicht ihm unter anderem die Förderung der Initiative Musik der Bundesregierung, die junge Künstlerinnen und Künstler finanziell unterstützt. Das ist wichtig, denn Aufnahmestudios organisieren, mit seiner Agentur kommunizieren, das Cover der EP entwerfen und Mitmusiker engagieren, kostet Zeit. Ob sich der anfängliche Aufwand lohnt, zeigt sich erst im Erfolg der Songs. Zu netzwerken und sich ein Team aufzubauen, findet Kränsel wichtig: „Je besser das Team, desto eher kann sich die Person wieder auf die kreative Musikertätigkeit konzentrieren – und darin richtig gut werden.“

Für dieses Jahr plant Neykid erste kleinere Konzerte in der Region Stuttgart, auch um seine Kontakte auszubauen. Im nächsten Jahr sollen dann Festivalbühnen erobert werden. Trotz großer Pläne und Konkurrenzdruck ist es Fritsch wichtig, authentisch zu bleiben: „Meine Musik muss für sich sprechen und gerne von den Leute draußen gehört werden.“ Erst dann weiß er, dass seine Songs den Nerv der Zeit treffen.

Space. Die EP erscheint an diesem Freitag.

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