Eishockey. Ein durchwachsenes Wochenende haben die Bietigheim Steelers in der Eishockey-Oberliga Süd erlebt. Einer überraschenden 3:5-Niederlage beim EV Lindau Islanders folgte ein fulminanter 13:2-Heimerfolg gegen den SC Riessersee.
Bietigheimer Tiefschlaf im zweiten Drittel entscheidet das Spiel in Lindau.
Am vergangenen Dienstag hatte es 4:09 Minuten gedauert, ehe die Fans der Bietigheim Steelers den ersten Treffer ihrer Mannschaft bejubeln durften. Am Ende feierten sie ein 10:0 im kleinen Derby gegen die Stuttgart Rebels. Auch am Freitag beim Gastspiel bei den Lindau Islanders ging es früh mit dem Toreschießen los: Es dauerte lediglich 30 Sekunden länger, ehe Bastian Eckl nach einem Traumpass aus der eigenen Zone von Jesse Roach zum Alleingang geschickt wurde, vor Goalie Tommi Steffen cool blieb und zum 1:0 einschob. Früh sah es so aus, als würde der Tabellenzweite da weitermachen, wo er aufgehört hatte. Am Ende wurden die Ellentäler allerdings eines Besseren belehrt, im Gegenteil: In Tommi Steffen fand der SCB ein ums andere Mal seinen Meister.
Das 1:0 hatte sich bereits angedeutet, die Steelers machten zu Beginn mehr, Erik Nemec und Marek Racuk kamen jeweils in der Anfangsphase zu guten Abschlüssen. Steffen war aber zur Stelle und parierte, ebenso auch nach zehn Minuten gegen Racuk, der erneut mit einem starken Steilpass bedient wurde und diesen aber nicht verwertete.
Ab dem Powerbreak neutralisierten sich beide Seiten weitgehend, von den Gastgebern kam kaum ein sauber herausgespielter Angriff nach vorne, meist landete bereits der vorletzte Pass bei den Grün-Weiß-Blauen. Erst Zan Jezovsek tauchte kurz vor der ersten Drittelpause plötzlich vor Schlussmann Olafr Schmidt auf, vergab aus recht spitzem Winkel aber am langen Eck vorbei (17. Minute).
Das zweite Drittel verschliefen die Bietigheimer dann komplett und Lindau kam mit einem schnellen Doppelschlag zurück in die Partie. Direkt vom Eröffnungsbully weg kam Jezovsek per Solo nach vorne, prüfte aus kurzer Distanz Schmidt, der mit dem Schoner nur ablenken konnte. So landete der Puck bei Andreas Farny im Rücken der Abwehr, der dem hechtenden Goalie und dem dazwischen springenden Sören Sturm keine Chance ließ und somit nach neun Sekunden das 1:1 erzielte.
Drei Minuten später war der SCB in Unterzahl und ging gewohnt aggressiv ins Forechecking. Das flog ihnen dieses Mal jedoch um die Ohren. Erneut war es ein Solo von Jezovsek, der eine Zwei-auf-eins-Situation selbst löste und dieses Mal am Schoner von Schmidt vorbei die Partie drehte.
Und es wurde noch bitterer für die Gäste: Robin Wucher wurde an der blauen Linie sträflich freigelassen, zog einfach mal ab und profitierte davon, dass dem Goalie die Sicht verdeckt wurde. So schlug das Hartgummi zum 3:1 ein (27.). Bei beinahe jedem Schuss brannte es in dieser Phase lichterloh, die Bietigheimer durften sich bei Schmidt bedanken, dass es nicht noch übler aussah.
Der Absteiger wirkte ziemlich getroffen von dieser Wendung, auch in einer vierminütigen Überzahl lief der Puck zwar gut, die Pässe kamen sauber an, aber die Abschlüsse waren viel zu ungenau. So kamen sie auch mit einem Mann mehr auf dem Eis zu keinem Tor. „Wir waren komplett im Tiefschlaf. Jeder hat gedacht, dass es so weitergeht wie im ersten Drittel“, sagte SCB-Trainer Alexander Dück über den zweiten Abschnitt.
Dass es im Mittelabschnitt nicht lief, war ungewohnt für die Steelers. Denn in den vergangenen Partien war das zweite Drittel das beste der Ellentäler, gegen Stuttgart machten sie fünf Tore, auch gegen Peiting, Füssen und Memmingen blieb man jeweils ohne Gegentreffer.
Kurz vor der Drittelpause bewiesen die Islanders dann aber Gastfreundschaft und luden die Gäste zum Toreschießen ein. Nach einem Lauf in die Rundung brachte Tamas Kanya das Hartgummi vor das Tor. Da stand Alexander Dell, der im ersten Versuch aber noch scheiterte. Unfreiwillig legte dann aber ein Lindauer Verteidiger beim Klärungsversuch direkt wieder für das Geburtstagskind auf, der direkt vor dem Netz ins leere Tor einschob (37.).
Angetrieben davon und von einer überstandenen doppelten Unterzahl für über eineinhalb Minuten witterten die Steelers ihre Chance, die Hoffnung auf den Ausgleich wurde aber schnell wieder zunichte gemacht. Erneut war es ein Solo-Lauf von Jezovsek, der von der Bietigheimer Hintermannschaft nicht konsequent angegangen wurde, vor Schmidt wieder die Ruhe bewahrte und das 4:2 erzielte (40.). Der Deutsch-Kanadier war danach dementsprechend bedient und haute den Schläger aus Frust gegen den Pfosten.
Auch im Schlussdrittel fehlte die Konsequenz beim SCB, das von Dück häufig bemängelte zu komplizierte Spiel zeigte sich. „Wir waren etwas panisch, wir können ruhiger agieren“, erklärte der Coach auch dieses Mal bei der Pressekonferenz und ergänzte: „Wir haben die Chancen gehabt, aber sie nicht verwandelt.“ Weiterhin prasselten die Schüsse in Richtung Steffen. Verteidiger Jesse Roach fasste sich zehn Minuten vor Schluss ein Herz, ging mit Dampf in die Lindauer Zone und schweißte den Puck über die Stockhand hinweg ins Kreuzeck zum 3:4. Der SCB warf in der Schlussphase noch einmal alles nach vorne, spielte zweieinhalb Minuten vor Ende sogar in Überzahl, konnte das aber nicht nutzen. Lindau rettete sich über die Zeit – auch, weil Kanya 79 Sekunden vor Schluss selbst für ein dummes Beinstellen auf die Strafbank geschickt wurde. Auch mit Olafr Schmidt vom Eis kam es nicht zum gewünschten 4:4, stattdessen machte Farny 40 Sekunden vor Schluss ins verwaiste Tor die 5:3-Entscheidung und damit auch den Endstand.
Gegen den SC Riessersee ist fast jeder Schuss ein Treffer.
Am Sonntag schossen sich die Steelers dann den Frust von der Seele und zerlegten den SC Riessersee in seine Einzelteile. Mit 13:2 sicherten sich die Ellentäler den höchsten Sieg der Saison und blieben damit im 19. Heimspiel in Folge ungeschlagen. „Es war eine Wiedergutmachung, wir mussten reagieren, das haben wir gut umgesetzt“, lobte SCB-Coach Alexander Dück nach der Partie.Gegen die Männer aus Garmisch, die rund 100 Fans mit von der Zugspitze an den Neckar gebracht hatten, zeigten die Steelers ein gänzlich anderes Gesicht. Defensiv agierten die Hausherren kompakt, wobei vom SCR auch wenig Gefährliches nach vorne kam. Die Gastgeber spielten sich derweil vor allen Dingen im zweiten Abschnitt in einen Rausch, trafen aus allen Lagen, fast jeder Schuss war ein Treffer, schon zum Ende des Abschnittes war die Führung zweistellig.
Vom Eröffnungsbully weg suchte der SCB Zug zum Tor. Da fehlte aber noch das Zielwasser, so blieben zahlreiche Chancen ungenutzt. So etwa die Abschlüsse von Christoph Kiefersauer und Viktor Buchner, die an den Außenpfosten klatschten (4./13.) oder der Versuch von Bastian Eckl, der alleine auf Michael Boehm zuging, dann aber zu zentral auf den Goalie zielte (6.).
Erst Fedor Kolupaylo versetzte die meisten der 3003 Zuschauer in Jubelstürme: Der Deutsch-Russe, der zuletzt blendend in Form war, veredelte einen stark herausgespielten Angriff und versenkte nach Querpass von Marek Racuk eiskalt (14.). Kiefersauer und Tyler McNeely hätten beide nur wenige Momente danach direkt nachlegen können, scheiterten aber an Boehms Schoner. Der Deutsch-Kanadier, der seit Mittwoch den Deutschen Pass besitzt und gleichzeitig seinen Vertrag verlängert hatte, machte es dann drei Minuten vor der Pause besser. Von Kiefersauer bedient, bekam der Routinier die Scheibe im Zentrum. Die bayrischen Verteidiger waren zu weit weg und McNeely legte das 2:0 ins Netz.
Die Gäste wirkten geschockt und fingen sich noch vor der Pause in Form von Eckl das 3:0. Der großgewachsene Stürmer platzierte nur 24 Sekunden später nach einem Bully vor Boehms Kasten einen harten Schuss neben den Pfosten und stellte den Pausenstand her. Auch der Goalie wirkte nicht sattelfest, zahlreiche Schüsse landeten nicht sicher in der Fanghand sondern prallten wieder zurück ins Feld. Im zweiten Drittel nahm das muntere Toreschießen seinen Lauf, nachdem es die Männer in Weiß-Blau nicht hinbekommen hatten, eine Überzahl in Zählbares umzumünzen, war es der nächste Dreifachschlag binnen 27 Sekunden: Erst knallte Pawel Dronia einen Distanzschuss an den Pfosten, über zwei Stationen kam der Abpraller zum polnischen Nationalspieler zurück. Dieses Mal fälschte Marvin Drothen den Versuch zum 4:0 ab.
Als dann Erik Nemec frei im Slot unmittelbar danach auf 5:0 erhöhte, stellte SCR-Coach Hunor Marton Andreas Mechl zwischen die Pfosten. Besserung brachte das aber nicht. Erneut war viel Platz vor dem Kasten, dieses Mal drückte Alexander Preibisch das Hartgummi über die Linie (24.).
Marton bat seine Spieler an die Bank für eine Auszeit, doch auch die zeigte keine Wirkung. Eineinhalb Minuten später hatten die SCB-Fans schon wieder den Torschrei auf den Lippen, Mechl kratzte den Puck aber noch frei von der Linie, was auch der Videobeweis bestätigte (25.). Zwei Zeigerumdrehungen später zappelte die Scheibe dann aber wirklich im Netz, einen Reihenwechsel der Gäste nutzte McNeely gnadenlos aus und versenkte im Garmischer Kreuzeck zum 7:0 (26.). So hoch das Ergebnis auch aussah, es war trotzdem schmeichelhaft. Die Steelers hätten noch deutlicher in Führung liegen können. Vom SCR kam kaum etwas nach vorne, die Ellentäler malträtierten derweil das Gestänge und die Schoner von Mechl im Netz. Ein weiterer Distanzschuss von Dronia nach 31 Minuten und eine Fackel über die Fanghand hinweg von Marek Racuk markierten das achte und neunte Tor des Tabellenzweiten. Olafr Schmidt im SCB-Tor hatte in der Zwischenzeit kaum etwas zu tun, langweilte sich schon fast und musste nur harmlose Schüsschen direkt auf den Körper entschärfen.
Alexander Dell traf eineinhalb Minuten vor der Drittelpause noch zum 10:0. Mit sieben Treffern in einem Drittel ging Bietigheim gestärkt in den letzten Abschnitt. „Es war die Ansage, dass wir den Fuß nicht vom Gaspedal nehmen, sondern weiter so machen“, erzählt Dück. Ans Aufhören dachte auch keiner. Nach nur 16 Sekunden erzielte Nemec das 11:0. Von den mitgereisten Gäste-Fans, die die rund dreieinhalbstündige Fahrt auf sich genommen hatten, gab es dann die Höchststrafe. Sie verhöhnten die eigene Mannschaft mit „Wir wollen unser Geld zurück“-Sprechchören.
Ihre Truppe auf dem Eis strahlte weniger Gefahr aus, als die SCB-Jugend die in einer Drittelpause ihr Können zeigte. Neuzugang Buchner machte derweil eine Viertelstunde vor Schluss das Duzend voll und feierte sein erstes Tor im grünen Trikot (46.). Nemec und Kiefersauer zerpflückten die gerupfte Defensive dann komplett, ließen die Riesserseer Hintermannschaft wie die Fahnenstangen stehen, der Tscheche versenkte zum 13:0 (48.). Bietigheim fuhr von da an drei Gänge herunter. So kamen die Gäste noch zu zwei Ehrentreffern. Rund zehn Minuten vor Schluss wurde erst Robin Soudeks 1:13 mit Häme der Fans gefeiert (49.). Die skandierten nämlich „Jetzt geht’s los“ und „Nur noch zwölf“. Kilian Raubal vollendete dann ein Solo zum zweiten Tor drei Minuten später. nb